Kapaneos sah kurz zwischen Leander und seiner neuen Herrin hin und her, da er noch nicht einschätzen konnte, wie die Machtverhältnisse in der Ehe ausfielen und bei wem er sich mehr einschmeicheln sollte. Da Leander aber nur seinen strengen Blick beibehielt, fiel die Entscheidung recht rasch.
“Natürlich, Domina. Wir haben gewissermaßen zwei Gärten. Einer befindet sich direkt neben dem Haus an der Seite des Cubiculums des Hausherrn und des etwas kleineren Cubiculums daneben, so dass man aus den Fenstern hinaussehen kann.“ Kapaneos deutete mit dezenten Handbewegungen in Richtung zweier Türen, die erahnen ließen, dass selbst das
kleinere Cubiculum noch erhebliche Ausmaße hatte.
“Durch diesen gelangt man auch dort hin. In Höhe der Schlafzimmer sind dort vor allen Dingen Rosensträucher gepflanzt, weiter in Richtung Straße hat die Küche ihre Beete angelegt.
Der eigentliche Garten ist aber wesentlich größer und im hinteren Bereich der Villa. Wenn du mir folgen magst, führe ich dich selbstverständlich sofort hin.“
Er wartete kurz auf ein Zeichen des Einverständnisses, was von Leander durch ein knappes Nicken bezeugt wurde, und machte sich dann auf den Weg. Unterwegs erklärte er ein wenig.
“Wenn ich die Domini durch das Tablinum führen darf. Das Holz der Vertäfelung wurde aus Africa importiert und von den besten Zimmerleuten bearbeitet. Die oberen, bunten Absätze sind aus Stuck und Emaille und fügen sich in das Deckenbild farblich ein…..“
Es war wie eine Führung durch eine Ausstellung, wo immer wieder auf diverse Meisterwerke hingewiesen wurde von einem beflissenen Führer. So auch in dem sehr breiten Wandelgang hinter dem Tablinum, das mit einigen Malereien geschmückt war und durch diverse Statuen noch mehr Eindruck machen sollte. Von dort ging es durch den
gewaltigen Oecus, der an Prunk und Ausgestaltung das Atrium noch weit übertraf und sich an der Rückseite durch eine entfernbare Holzwand schließlich den Weg zum Garten freigab. Leander war sich sicher, dass Kapaneos den Weg so gewählt hatte, um möglichst viel Eindruck zu schinden, denn natürlich gab es auch weit weniger prunkvolle Durchgänge zum Garten.
Und wenn die Villa beeindruckend war, dann war der Garten ein wahrer PARK. Der ganze Bereich war von einem Säulengang umgeben, auf welchem man auch bei schlechtem Wetter noch die Ruhe und Pflanzenfülle genießen konnte. Vom Oecus ausgehend geradeaus war ein künstlicher See in einem weitestgehenden Rechteck angelegt, auf dem man wohl auch Boote hätte fahren lassen können, so man wollte. Kapaneos, der die ganze Zeit doziert hatte, machte hier auch weiter und bezeichnete den See fast schon lapidar als
“… unser Fischteich, so dass jederzeit frischer Fisch verfügbar ist, insbesondere Karpfen und Forellen.“
Er zählte auch die ganzen Pflanzenarten auf, die auf dem gewaltigen Areal zu finden waren, so man die Muse fand, auf den angelegten, weißen Kieswegen entlangzulaufen.
“Im Moment blühen die Primeln sehr schön. Der Hauptgärtner hat auch Narzissen, Veilchen und einige einheimische Blumen gepflanzt, dazu viele schön blühende Büsche. Wenn sie verblüht sind, wird natürlich mit anderen blühenden Blumen gewechselt, so dass kein Bereich brach liegt.“
Und nach einer schier unendlichen Litanei war Kapaneos dann schließlich auch fertig und stand einfach nur ruhig da, als hätte er nicht gerade eine gefühlte Ewigkeit gesprochen.