RE: Ankunft in Londinium
Am Vorabend unserer Abreise war Leander noch einmal zu mir gekommen. Er blieb lange, und ich genoss seine Nähe mehr, als ich es erwartet hatte. Ich hätte nicht gedacht, dass sie mir einmal so wichtig werden könnte – doch genau das war geschehen. Ich sehnte mich nach seinen Berührungen, nach der Wärme, die er mir schenkte. Ein leises Gefühl hatte sich in mir eingenistet, vorsichtig und zaghaft, aber nicht mehr zu übersehen. Konnte das Liebe sein? Ich spürte es in meinem Bauch – dieses Kribbeln, wenn er mich küsste oder mich berührte. Ich wollte ihn nicht mehr missen.
Dann kam der Tag der Abreise. Leander hatte alles sorgfältig vorbereitet. Wir reisten in zwei Wagen. Ich wusste, dass die Fahrt nach Londinium lang werden würde, erst recht in einem dunklen Reisewagen. Doch Nicander leistete mir Gesellschaft – und manchmal auch Leander. Er schien Freude daran zu haben, mir die vielen Spielarten der Liebe zu zeigen, und ich begann, mich dieser neuen Welt mit einer Mischung aus Neugier und Verlangen zu öffnen.
Nach mehreren Tagen erreichten wir endlich Londinium. Ein Kribbeln der Erwartung durchlief mich. Ich hatte mir unser neues Heim als eine etwas größere Domus vorgestellt, ähnlich derjenigen in Iscalis. Doch nichts hätte mich auf den Anblick vorbereiten können, der sich mir nun bot.
Als Leander mir beim Aussteigen die Hand reichte, blieb ich einen Moment lang reglos stehen. Vor uns erhob sich eine Villa von beeindruckender Größe. Die Marmorsäulen glänzten im Licht, das kunstvoll gearbeitete Portal ließ keinen Zweifel daran, dass dies das Haus eines Mannes von Einfluss und Reichtum war.
Ein Mann erwartete uns bereits. Seine Haltung war würdevoll, sein Gewand von edler Qualität – doch die Tätowierung an seinem Kopf verriet ihn als Sklaven. Er stellte sich als Kapaneos vor, der Verwalter des Anwesens, und empfing uns mit Ehrerbietung.
Leander nahm meine Hand und führte mich über die Schwelle. Gemeinsam betraten wir das Haus.
Das Atrium öffnete sich vor uns in einer Pracht, die mir den Atem raubte. Das Impluvium in der Mitte spiegelte die hohen Säulen, kunstvolle Mosaike schmückten den Boden, und ein feiner Duft von brennenden Ölen lag in der Luft. Während Leander sich sofort nach den Sklaven und der Verwaltung des Hauses erkundigte, seine Erwartungen klar formulierte, ließ ich meinen Blick über die weitläufigen Räume schweifen. So viel Platz. So viel Schönheit.
Ich trat einige Schritte weiter und ließ meine Finger über das kühle Gestein einer Säule gleiten. Mein Blick wanderte weiter. Doch ich horchte auf, als Kapaneos die Gärtner erwähnte. Es hier auch einen Garten? Einen Ort, an dem ich mich verlustieren konnte oder einfach auch einmal für mich sein konnte?
"Gibt es hier auch einen Garten?" fragte ich Kapaneos. "Kann ich ihn bitte sehen?"
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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