RE: Bibliothek | Der neue beste Freund der Hausherrin
Ich hielt den kleinen Hund. Und nein, ich gehörte nicht zu den Männern, die Lust dabei empfanden, wenn sich ihre Geliebte mit anderen vergnügte, aber meine Rolle in diesem Stück hatte ich wohl gekannt. Die Helden, das waren der Dominus und die Domina, die all ihr Warten und ihr Sehnen, ihre Wut und ihr Aneinander Vorbeireden nun in dieser lustvollen Vereinigung aufgehen ließen. Ich hatte lediglich die Rolle des treuen Sklaven inne gehabt.
Ich gab Norbana Orestilla also auf, ent- liebte mich, doch dann geschah etwas Seltsames mit mir: Ich liebte, obwohl ich wusste, dass ich sie niemals bekommen würde, die liebste Domina weiterhin. Und diese Liebe blieb nicht bei ihr: Größer wurde sie und höher, denn ich liebte nun auch den Herren, weil er eben Orestilla glücklich machte.
Da rührte sich das Hündchen, und wenn ich auch nicht viel von Tieren verstand; ich meinte seinen Gesten zu entnehmen, dass ihn die Blase drückte.
Rasch führte ich ihn hinaus, obwohl ich keinen Befehl dazu hatte, aber was für ein Haussklave wäre das gewesen, der nicht mitdachte? Im Garten erledigte das Hündchen sein Geschäft, ich entsorgte alles und dann wollte ich auf meinen Platz zurück kommen, da ich nicht Order hatte, mich vollständig zurückzuziehen.
Unterwegs traf ich Morwen, die still war und sich um den kranken und missmutigen Vater des Hausherren treu gekümmert hatte. Sie schaute mich fragend an, denn ja, es gab nichts, was die Familia nicht wusste. Ich lächelte sie an und nickte bedeutungsvoll, und mein Lächeln war strahlend, und voll Übermut drehte ich sie einmal um die eigene Achse.
"Die Herrschaften?" "Ja, die Herrschaften"
Auch wenn die Herren viel zu gute Menschen waren, ihren Unmut an der Dienerschaft auszulassen, hatten doch alle darunter gelitten, so wie Kinder leiden, wenn Vater und Mutter im Kälte und ohne ein freundliches Wort nebeneinander her leben.
Morwen nahm mir freudig das Tierchen zum Spielen ab, ich kehrte aber auf meinen Posten zurück, falls man mich noch brauchen sollte.
Das ganze Haus schien aufs Schönste mir verwandelt. Wie es zuvor trotz Gediegenheit einer Gruft geglichen hatte, mit düsteren Mauern, die unglückliche Menschen umschlossen, war es nun heiter und licht. Sonnenstrahlen brachen herein, und bald würden in der Domus überall Blumen und Frühlingsschmuck pranken. Das die Herrin eine Vorliebe für hübsche Dinge, Blümchen und kleine Tiere hatte; der Herr, in zärtlicher Gattenliebe, würde mit Nachsicht darüber hinweggehen. Und vielleicht würden auch in einem Jahr hier kleine Kinderfüsschen tapsen - die Märchen und die Klassiker würde ich den Kindern lehren, und sie erheitern, wenn ich ihnen lustige Tiere nachahmte...
Ach, meine liebste Domina. So wie sie zuvor schon tapfer gewesen war, so schlug sie auch alle Schlachten mit Mut. Sie, der Tiro , hielt dem erprobten Krieger stand, der Plautius Leander war und hielt sich wacker.
Hätte Troja solche Tirones gehabt, nie hätte es den Krieg verloren.
Kore war erwacht! Und König Hades war mehr als bereit, sie seine Kriegskunst zu lehren.
Und dann nach einer ganzen Weile hielt der Herr inne. Er hielt die Domina auf seinem Schoß, ihren Kopf an seine Brust gelehnt, zärtlich strich er ihr eine feuchte Strähne aus der hellen Stirn. Sie hatte ihn, und er hatte sie erschöpft. Ich war so stolz auf Beide, als hätte ich einen Sieg eingefahren und ich suchte weiche Tücher, um sie den Liebenden zu reichen.
Das ich selbst in Hitze geriet und das deutlich zu sehen war, ich hoffte, man würde mir das nachsehen. Ich schlug die Augen nieder. Doch der starke, stattliche Herr und die liebliche Domina vereint, das war ein Anblick oder vielmehr viele von Anblicken gewesen, der selbst eine Statue aus weißem Marmor nicht kalt gelassen hätte.
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