RE: Bibliothek | Der neue beste Freund der Hausherrin
Leander hatte mit einer weiteren Trotzreaktion und wütenden Tirade gerechnet, nicht mit einer Entschuldigung. Deshalb war er tatsächlich einmal überrascht, als Orestilla tatsächlich einlenkte, sich erklärte – und zwar dieses Mal verhältnismäßig ruhig und offen, ohne ihm Vorwürfe zu machen – und sagte, dass ihre Worte ihr leid taten.
Leander war noch zu sehr beherrscht von Wut, Enttäuschung und Frust, als dass er im Moment viel zustande gebracht hätte. Zumindest keine Reaktion in der Art und Weise, wie er sich jetzt wünschte, sie als Antwort hervorbringen zu können, also nickte er fürs Erste einmal knapp und tadelte sich selbst für seine Wut, in welche er sich so hineingesteigert hatte.
Sie kam auf ihn zu und wollte den Streit beilegen. Sie hob auch einmal kurz die Hand, als wolle sie ihn berühren, ließ sie dann aber wieder sinken und deutete stattdessen einen leichten Kuss auf seine Wange an, ohne ihn zu berühren. Leander war sich nicht sicher, ob er Tränen in ihren Augenwinkeln glitzern sah, und sein schlechtes Gewissen meldete sich, dass er vielleicht gerade etwas harsch gewesen war. Es war nicht seine Absicht gewesen, sie zum Weinen zu bringen. Er hatte nur ein Mal die Wut und den Frust, die in ihm schon seit Wochen schwelten, hinauslassen wollen. Auch wenn das nicht seine eigentliche Intention gewesen war, als er um dieses Treffen gebeten hatte, sondern eher aus Wut über ihr wohl ebenfalls aus Wut und Frust geborenes, kleines Schauspiel.
Aber jetzt redete sie zum ersten Mal wie eine Erwachsene mit ihm, und das brachte Leander mehr zum Überlegen als jedes sonstige Gespräch in ihrer Ehe es bislang getan hatte. Sie drehte sich weg, um zu gehen, und Leander griff schnell nach vorne, nach ihrer Hand, um sie zurückzuhalten. “Orestilla...“ Nicht grob, aber bestimmt zog er sie zurück und drehte sie um, so dass sie vor ihm stand. Mit den Fingern der freien Hand unter ihrem Kinn hob er sanft ihren Kopf, so dass sie zu ihm aufschaute. Er traute der Situation nicht, konnte nichts ändern an seinem Zweifel und den Gefühlen, und suchte so nach der ihm vertrauten Angst und Abscheu in ihrem Blick, fand aber eher Unsicherheit und Traurigkeit darin.
Ernst und ebenfalls etwas unsicher blickte er ihr tief in die Augen, um die Wahrheit darin zu erkennen, als er sie fragte: “Willst du Sex mit mir haben? Mit mir? Nicht einer romantischen Vorstellung, nicht deinem Ehemann, sondern mit mir, so, wie ich bin?“
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