RE: Bibliothek | Der neue beste Freund der Hausherrin
Nun ging es um mich und um Cassia, und ich wurde unruhig, denn was der Herr der liebsten Domina sagte, das traf fast genau auf mich zu. Ich hatte Cassia, das Bauernkind, in meiner Heimat gekauft. Sie hatte mit mir gehungert, bis ihre Ärmchen durchsichtig schienen wie die Gerippe von Herbstblättern im Frühling.
Ich war ja nur Scheinsklave geworden, um sie vorm Hungertod zu retten. Aber in das Leben eines Straßenschauspielers hineingezogen, hatte ich sie zuvor. Mir wurde elend zumute.
Ach, nicht jeder konnte von so kühler Gemütsart sein wie der Dominus. Für ihn waren Menschen wie die Figuren beim pente grammai, dem Spiel auf XXV Feldern.
Nun, es war wahr, dass der Dominus der liebsten Domina versprach, sie nicht gegen ihren Willen zu berühren. Doch wie konnte sie denn ihren Willen kundtun? Sagte sie ja, dann glaubte er es nicht. Bat sie ihn zu sich, so sagte er, dass er nicht ihr Sklave sei. Bat sie ihn nicht, so dass sie ihn verachtete.
Sie konnte sich doch nicht ihres Gewandes entledigen und zu ihm in die Suppe springen, wie man bei uns sagte, wenn eine Frau liebestoll einem Mann gegenüber war.
Die Domina sprach nun von mir "Ja, ich gebe zu, ich habe Nicander sehr gern. Weil er hier in diesem Haus mein einziger Freund ist. Ich liebe es, wie er mich mit seinen Worten verzaubert. Aber er hat mir auch gezeigt, wie schön es sein kann, bei einem Mann zu liegen – eine Aufgabe, die eigentlich deine gewesen wäre."
Meine Augen füllten sich mit Tränen. Was sie sagte, war die lautere Wahrheit, von großer Schönheit und Harmonie, und doch so unendlich falsch.
Selbst wenn mein Vater mir verzieh, Römer war ich ja nicht. (Selbst wenn ich es wäre, ich war infam) Ich konnte Orestilla nicht heiraten. Nur meine Konkubine konnte sie sein. Ich könnte sie freilich immer lieben und besser behandeln als der König in einer Geschichte meiner Mutter, der eine Königin empfing und sie vierzig Tage und vierzig Nächte liebte. Doch was ihr wichtig war, war das häusliche Glück. Mit ihresgleichen, einem römischen Gatten, ihr in zärtlicher Liebe zugetan, wollte ich sie sehen.
Ich nahm das Hündchen, als die liebste Domina nun gehen wollte. Ich vergrub mein Gesicht im weichen Fell des Tierleins, doch darüber groß und fragend sah ich den Herren an. Den stillen Vorwurf meines Blickes konnte ich nicht unterdrücken:
Wir sind doch in deiner Hand, die Ehefrau ohne Mitgift ist gerade einer Sklavin gleich?
Ist es denn recht, Herr, dass du sie so quälst?
Du bist ein gelehrter Mann; der jugendlichen Braut kannst du jedes Ding beweisen.
Und Morgen, dass das Gegenteil die lautre Wahrheit wäre.
Und ich weiß doch, dass du auch geduldig sein kannst und freundlich.
(Mich hast du nicht gezwungen, noch mich zwingen müssen)
Sagt auch nicht einer eurer eigenen Philosophen:
Si vis amari, ama! - Wenn du geliebt werden willst, liebe!
Mit Küssen mag man eine Jungfrau wohl verlocken,
so dass sie mit Inbrunst tut, was ihr die Angst zunächst verwehrt.
Wie ein Grieche, der einst des heiligen Trojas Mauern überwand,
zertrittst du jedoch Blumen,
anstatt sie zu abzupflücken.
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