RE: Bibliothek | Letzte Erinnerungen
Wenn Seneca die letzten Monate auch äußerst zurückgezogen gelebt hatte (noch zurückgezogener als zuvor, dachte Saturninus) , so war er doch Honoratior der Stadt und auch eine der wenigen Persönlichkeiten, die über die Grenze der Civitas hinaus bekannt waren. Der Furius hatte vor dem Alten großen Respekt gehabt; so wie ihm die römischen Gesetze überhaupt eine Art heilige Scheu einflößten. Sie waren das Römischste, was es im Imperium gab, andere Völker mochten Großartiges leisten; nur Rom jedoch hatte diese Gerechtigkeit ( jene Scheu hinderte Saturninus aber keinesfalls daran, Gesetze zu umgehen, wenn es in seinen Augen nottat)
So traf auch der Princeps Officii in Trauerkleidung ein. Gleichzeitig mit ihm erschienen die beiden Bürgermeister Numonius Pusinnus und Vergilius Capito, der Vorsitzenden der Kooperative der Notare, Antonius, und sei eigener Provinzialschreiber Valentinus , so dass es an der Haustür mit den aufgehängten Trauerkranz aus Pechkieferzweigen, der verkündete, dass das Haus durch einen Todesfall unrein geworden war, einen kurzen Stau gab, bis die würdigen Herren dann einer nach dem anderen das Gebäude betraten.
Es war alles wie es sein musste; Um die Bahre standen die Leidtragenden und die Klageweiber, welche zu Flöten- und Saitenspielbegleitung einen Gesang vortrugen, in dem der Tote beklagt und gepriesen wurde, und der Verstorbene verkörperte auch im Tode den würdevollen Römer und Rechtsgelehrten, der er gewesen war.
Drei Tage später nahmen Saturninus und auch andere Bürger der Stadt an dem zwar kurzen, aber eindrucksvollen Trauerzug teil. Plautius Leander erfüllte dabei die Pflicht eines guten Sohnes: Bis zum Morgengrauen harrte er am Scheiterhaufen aus, auf dem der Tote verbrannt worden war.
Der Furius sah in das Feuer. Vale, werter Plautius Seneca, sprach er leise. Auch wenn dir die Bücher mehr bedeuteten als die Menschen; ich habe deine Weisheit sehr geschätzt, und du wirst dieser Stadt sehr fehlen.
Dann nach dem Licet ließ sich Saturninus mit einem Zweig mit Wasser besprengen, um wieder kultisch rein zu sein.
Auf dem Heimweg erinnerte er sich an das Begräbnis seines eigenen Vaters, das auch gleichzeitig das Begräbnis seiner Mutter gewesen war. Er war damals erst siebzehn gewesen und dann plötzlich der Pater Familias der Furier. Außer ihm war kein Mann mehr da, der das hätte sein können. Es war immer schwer, ganz gleich in welchem Alter. Der Furius fühlte mit Plautius Leander mit, der gerade seinen Vater verloren hatte.
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