RE: Tablinum | Visite des neuen Tutor Mulieris
Leander zog eine Augenbraue nur leicht nach oben, als die Claudia sich erklärte. Sie glaubte also, dass sie mit ihm leichteres Spiel hatte, als mit einem verwandten, und mit Leander eher Kompromisse schließen konnte. Er hatte lange genug Seneca assistiert und damit die Erfahrung als Anwalt gesammelt, um diese ungesagten Worte durchaus hören zu können. Oh, er nahm es Claudia Sabina nicht übel, dass sie so dachte, aber bestimmt würde sie noch merken, dass es nicht ganz so sein würde, wie sie es sich dachte.
Als erstes nahm Leander das Schreiben entgegen und las es sehr sorgfältig, insbesondere, was die genauen Werte anging. “Dann gratuliere ich dir erst einmal zu deinen guten Zukunftsaussichten. Die Petilier sind eine sehr machtvolle und wohlhabende Gens und eine Verbindung wird dir und deiner Familie sicher zum Vorteil gereichen. Ich nehme an, die Verlobung ist noch nicht offiziell?“ Leander war zwar nicht derartig interessiert an Klatsch und Tratsch und in den Thermen mit anderen Themen beschäftigt, aber das hätte er vermutlich mitbekommen. Glaubte er zumindest.
2Ich gehe bei dieser großzügigen Summe nicht von Schwierigkeiten bei den Verhandlungen aus, zumal du eindeutig fruchtbar bist. Sofern du und dein Kind die Geburt also ohne Schäden überlebt und weiterhin Fruchtbarkeit angenommen werden kann, denke ich, dass dies recht problemlos rechtskräftig werden kann. Rein interessehalber, wünscht du eine eher lange oder eine eher kurze Verlobungszeit?“ Im Grunde war gar keine Verlobungszeit nötig, aber es gab dem tratschenden Volk eben die Möglichkeit, sich auf das entsprechende Ereignis zu freuen. Und eine Hochzeit in den höchsten Gesellschaftsschichten war immer ein Ereignis. Vermutlich würde sogar Leanders nächste Ehe Gegenstand des Thermenklatsches werden und öffentliche Aufmerksamkeit erregen, nun, da er wohlhabend war.
Leander erhob sich dann und ging selbst hinüber zu dem Konglomerat von Unterlagen. Ich bin kein freund davon, eine Aufgabe nur halb oder ungenau zu bearbeiten. Deshalb werde ich mir möglichst alles heute noch ansehen, insbesondere alles, was dein momentanes Vermögen betrifft, also Umfang, Einnahmen und Ausgaben. Ohne einen Überblick über die Lage bin ich wohl kaum in der Lage, es fundiert in deinem Sinne zu verwalten.“ Denn im Grunde war ein Tutor genau das: Ein Verwalter. “Allerdings musst du hierfür nicht die ganze Zeit hier bleiben und mir Gesellschaft leisten. Ich würde es nicht als Verstoß gegen die Gastfreundlichkeit sehen, wenn du deiner Tagesbeschäftigung nachgehst, sobald wir die größten Fragen geklärt haben.“ Nicht, dass sie dachte, hier nun auch stundenlang sitzen zu müssen. Leander war es sogar lieber, wenn er in Ruhe arbeiten konnte.
“Wenn einer deiner Sklaven dir Anlass dazu gegeben hat, ihn zu verkaufen, und der Preis für ihn seinem Wert entspricht, erhältst du natürlich meine Einwilligung, wenngleich ich dir gestehen muss, dass ich kein großer Freund davon bin, häufig Sklaven zu veräußern.“ Das war durchaus ein moralischer Appell an die Claudia, dass er zwar durchaus gewillt war, ihr bei berechtigtem Interesse unter die Arme zu greifen, aber ihr nicht dabei helfen würde, ihre patrizischen Launen an der Sklavenschaft auszulassen.
“Und was für eine Sklavin möchtest du stattdessen kaufen?“ Leander nahm zumindest an, dass es sich um einen Austausch handelte.
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