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Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
02-25-2025, 09:44 PM,
Beitrag #24
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Nicander sprach. Seine Stimme war wie ein Fluss, der mich mit sich riss. Seine Worte umschlangen mich, wärmten mich und ließen mich zugleich erschaudern. Ich saß reglos da, doch innerlich vibrierte ich. Ich kannte ihn inzwischen ganz gut, meinen Nicander, aber so hatte ich ihn nie erlebt. Da stand er vor mir, in eine Decke gehüllt wie eine griechische Braut, und sprach mit einer Kraft, die mir den Atem nahm.
Jedes Wort drang in mich ein wie eine brennende Spur. Persephone hatte sich geschmückt, hatte Hades in die Augen gesehen und ihren Anspruch erhoben. Und ich? Ich hatte mich gefügt. Hatte Ja gesagt, weil es das Klügste in meiner Situation gewesen war. Weil es keinen anderen Weg gab.
Mein Blick lag auf meinem Sklaven. Er bewegte sich mit der Grazie eines Schauspielers, aber ich kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass es mehr war. Dass er jedes Wort fühlte. Dann kam das Ende. Er blieb stehen, seine Lippen bebten, sein Körper sehnte sich in die Arme eines unsichtbaren Gottes. Persephone ergab sich – nicht aus Schwäche, sondern aus Entscheidung. Sie wählte, was ihr gegeben war, und machte es zu ihrem Eigenen.

Mein Herz schlug laut in meiner Brust. Ich spürte Nicanders Augen auf mir. Meine Entscheidung war bereits gefallen. Ich erhob mich und trat auf ihn zu. "Ich möchte üben, Nicander. Jetzt, sofort."
Die Worte Nicanders schienen noch in der Luft zu schweben, als hätten sie sich in den Stoff des Raumes gewebt. Seine Stimme, seine Gesten, die Leidenschaft in seinem Vortrag hatten mich gefesselt. Persephone—oder war es Kore? Nein, es war eine Frau, die wusste, was sie wollte, die nicht mehr das schüchterne Mädchen war, das nur mit gesenktem Blick durch die Hallen ihres neuen Heims schritt. Eine Frau, die den Mut fand, ihren Platz einzufordern.

Ich atmete tief durch. Dann richtete ich mich auf, nahm den Stoff meiner Tunika zwischen die Finger und zog ihn zurecht. Wenn ich es wirklich lernen wollte, wenn ich spüren wollte, wie es war, nicht nur mit Worten, sondern mit meinem Körper zu sprechen, dann musste ich es versuchen.
Langsam stand ich auf und trat vor, den Blick auf Nicander gerichtet. Ich erinnerte mich an seine Bewegungen. Daran, wie er die Decke wie ein Peplos um sich geschlungen hatte. Ich griff nach derselben und drapierte sie über meine Schultern, als sei es ein Gewand, das einer Königin gebührte.
Mein Atem ging schneller, mein Herz schlug heftig, aber ich zwang mich, mich gerade zu halten. Kore hätte nicht gezittert. Persephone hätte nicht gezögert. Also würde ich es auch nicht.

"Auch wenn ich jung bin, habe ich doch ein Wesen mit eigenem Willen und eigenem Verstand," begann ich leise, tastend. Meine Stimme war noch nicht so sicher wie Nicanders, aber sie war da. Ich spürte, wie sich mein Rücken straffte, wie meine Hände sich lockerten, während ich weiter sprach. Ich hob das Kinn, ließ meine Finger langsam über den Stoff meiner Tunika gleiten, so wie eine Frau es tun würde, die ihre eigene Macht erkannte. "Ich will auf unserem Brautbett liegen, meine Arme umschlingen den männlichen Nacken..." Meine Wangen wurden heiß, aber ich hielt durch. Worte hatten Gewicht, aber sie allein reichten nicht.

Dann trat ich näher an Nicander heran, sah ihn direkt an. Ich spürte seine Aufmerksamkeit auf mir, seine Augen, die mich beobachteten, prüfend, lauernd. Also hob ich eine Hand, fuhr leicht über seinen Unterarm, so sanft, dass es kaum eine Berührung war. Ich wollte sehen, ob ich es konnte. Ob ich mit einer Bewegung oder einem Blick etwas bewirken konnte.
Meine Finger fanden seinen Handrücken, und für einen Moment ließ ich sie dort ruhen. Die Wärme seiner Haut drang durch meine Berührung, und ich konnte fühlen, wie sein Atem leicht stockte. Meine Lippen öffneten sich, als wollte ich sprechen, doch ich hielt inne. Worte hätten in diesem Moment nicht genügt, sie wären nur ein Echo dessen gewesen, was bereits zwischen uns stand. Stattdessen ließ ich die Stille zwischen uns wirken, ließ sie wachsen, bis sie beinahe greifbar wurde.
Langsam hob ich meinen Blick und traf seinen, suchte in seinen Augen nach einer Antwort auf eine Frage, die ich nicht laut auszusprechen wagte. Persephone hatte sich Hades zugewandt. Nun tat ich es auch. Nicht aus Unsicherheit, nicht aus Zwang, sondern aus einer Wahl, die meine war.

Mit einem Atemzug schloss ich die letzte Lücke zwischen uns, hob mein Gesicht und ließ meine Lippen auf seine sinken. Zart, prüfend – ein Hauch einer Berührung, und doch so unendlich viel mehr. Für einen Moment verharrte ich, spürte seine Wärme, sein Zögern, seine Überraschung. Dann zog ich mich langsam zurück, meine Finger zitterten noch immer von der Berührung und mein Herz wollte fast zerspringen, als wollte es mich mahnen, mich fragen, was ich da gerade getan hatte. Doch ich hatte es getan. Ich hatte es versucht.
[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe - von Norbana Orestilla - 02-25-2025, 09:44 PM

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