RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
"Beide seid ihr in einer Situation, die ihr euch so nicht gewünscht habt", ich bezog mich auf Kore und auf Orestilla, und da meine Herrin meiner Hand nicht Einhalt gebot, fand sie weiter ihren Weg, während ich ihr zuflüsterte:
"Bevor Hades kam, hatte sich Kore geschmückt. Sie hatte genug Geschmeide und kostbare Stoffe in dem Zimmer gefunden, in dem sie schlief. Sie salbte sich und legte Schmuck und ein königliches Kleid an. Und als Hades nun kam, sprach sie zu ihm:
Was schenkst du mir Tand, als sei ich ein Kind?
Schätzt du mich so gering ein, nur weil ich ein Mädchen
und jünger an Jahren bin als du?
Ist das meine Schuld? Oder wusstest du nicht,
als du mich von meinen Gefährtinnen
hinweggeführt hast,
wer ich bin?
Habe ich mich verstellt?
Habe ich dich belogen?
Ich weiß auch, dass die Geraubte dem Räuber
wohl schlecht Vorschriften machen vermag.
Daher gilt mein Appell dem gerechten Gott,
der die Toten richtet, ohne Partei zu ergreifen.
Höre mich an, o Hades und entscheide,
ob es unbillig ist, was ich verlange
oder gerecht!"
Mein Blick umfing meine liebste Domina. Ich hatte nun ihre Aufmerksamkeit, und sie schaute mich so lieblich und traurig zugleich an, dass ich ihr am liebsten tausend Küsse gegeben und ewige Liebe geschworen hätte. Aber ich erhob mich, nahm eine dünne Decke von einem der Sessel und warf ihn um mich wie einen peblos, ein griechisches Frauengewand. Hochaufgerichtet erwartete Kore den Gott der Unterwelt. Furchtlos war sie und schön, als sie nun eine Rede an ihren Gatten richtete:
"Auch wenn ich jung bin, habe ich doch ein Wesen
mit eigenem Willen und eigenem Verstand,
wenn du gedacht, dass du ein Spielzeug dir raubst,
so täuschst du dich!
Ich bin eine Frau.
Ich. bin. deine. Frau.
Ich will auf unserem Brautbett liegen,
meine Arme umschlingen den männlichen Nacken,
damit auch mein Gatte mich liebend umarmt.
Ich will unter Liebkosungen seufzen,
und wenn ich sie nur genug empfing,
dann kenne ich sie auch und gebe sie wieder,
hundert und tausend Male zurück.
Ich will mich dir öffnen und Küsse empfangen, und all das, was
du mir zu geben wünschst.
Und wenn du mir fernbleibst, da du mich missachtest,
so wecke ich in deinem Geist erneut Erinnerung
Nie habe ich mich verstellt,
nie dich belogen,
nie so getan, als sei ich eine andere.
Was du sahst, das ist dein,
du hast es genommen,
wäre es denn gerecht, o mein König
mich jetzt anzuklagen
dass ich eben Kore bin und keine andere?
Und ich verlange, an deiner Seite zu thronen
und den Respekt, der der Gattin erwiesen sein sollte.
Ich verlange die Schlüssel
die der Königin gebühren
vom Totenpalast und allen Vorratskammern
und dein Vertrauen - ich tu, was ich kann,
noch wenig geübt ist mein fester Verstand,
doch hab ich den Willen
und wenn ichs nicht weiß,
so bitte ich eben dich um Rat!
Nicht mehr Kore, die Tochter, Persephone
soll zukünftig dann mein Name sein
als deine Frau und Herrin deines Reiches.
Noch einmal: Es steht mir nicht zu, zu fordern,
ich bin doch ganz und gar in deiner Hand,
doch wenn König Hades so gerecht ist,
wie sie sagen,
dann fälle er sein Urteil jetzt!"
Ich war hin - und hergegangen und hatte meine Worte mit vielen Gesten begleitet. Fast standen mir die Tränen in den Augen, so sehr war ich in Persephones Rolle aufgegangen, die klug und schön wie meine Domina es auch war, das Beste aus ihrem Schicksal zu machen trachtete und ihren merkwürdigen Hades, denn von allen Göttern war er vielleicht der Seltsamste und Zurückgezogene, sich als ihren Ehemann erzog, und Liebe und Ehre verlangte.
Gefleht und geweint hatte meine arme Domina Orestilla wahrlich genug.
Nun blieb ich stehen, umarmte den imaginären Hades, schmiegte mich an einen vorzustellenden Männerkörper (von dem ich besser wusste als Orestilla, wie er nackt aussah), schloss die Augen, öffnete die bebenden Lippen und stöhnte leise. Ich oder vielmehr Persephone war bereit, sich ihrem Mann hinzugeben.
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