RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Ich hörte, wie Saturnus tief ein- und ausatmete. Er erklärte seinem Sklaven, dass er nur einen Albtraum gehabt habe. Einen, in dem sein heiliges Rom gefallen und vom Barbaren aus Hibernia besiegt worden war. Dabei sprach er auch von einer Hibernerkönigin, die ihn als Sklaven gehalten hatte. Er nannte nicht den Namen der Königin. Aber das musste er auch nicht, denn ich ahnte bereits, dass sie meinen Name getragen hatte und mir in allem zum Verwechseln ähnlich gewesen war. Mich durchfuhr in diesem Moment ein beklemmendes Gefühl: Er hatte wirklich denselben Albtraum geträumt wie ich. Mein Herz schlug schneller, und ich spürte, wie die düsteren Bilder, die mich in meiner eigenen Nacht verfolgt hatten, wieder in mir emporstiegen. Ich stand wie erstarrt da, innerlich zerrissen zwischen dem Drang, ihm zu sagen, dass ich ihn verstand, und der Angst, dass unsere geteilte Dunkelheit uns endgültig verschlingen könnte. Meine Gedanken wirbelten umher und immer noch brannte die Frage, wie das möglich sein konnte, in mir. War dies eine makabre Fügung des Schicksals? Oder lag es an Ciarans irren Zauberkünsten? Langsam erinnerte ich mich wieder an jede Einzelheit, die kurz bevor wir eingeschlafen waren, geschehen war. Ciaran hatte dreimal in die Hände geklatscht und von einem Geschenk gesprochen. Dann hatte er uns etwas entgegengeblasen. Es musste irgendeines seiner Zauberpulver gewesen sein.
Während Saturnus mit fester Stimme versuchte, seinen- nein unseren Albtraum als bloßes Hirngespinst abzutun spürte ich, wie mich die Last dieser gemeinsamen Vision fast erdrücken wollte. Ich blieb stumm, unfähig, auch nur ein Wort dazu zu wagen. Ich blieb gefangen in der Erkenntnis, dass unsere Träume uns untrennbar verbunden hatten, und in der Angst vor dem unausweichlichen Schicksal, das hinter diesen Schatten lauerte.
Als Saturnus mir die Frage stellte, ob auch ich einen schlechten Traum gehabt hätte, zuckte ich zusammen, als ob er mich gerade bei einer schändlichen Handlung erwischt hätte. In diesem Moment fühlte ich mich, als stünde ich auf sehr dünnem Eis, das beim nächsten Atemzug einzubrechen drohte.
"Ich träumte von Éire… meiner Heimat," begann ich zögernd und mit zitternder Stimme. " u… und von dem, was geschehen wäre, wenn ich nicht von dort geflohen wäre." Diese Worte waren nur ein schwacher Abglanz meines Traumes. Doch in mir tobte die Angst, dass Saturnus herausfand, dass auch ich seinen düsteren Albtraum erlebt hatte. Dass ich es war, die ihn unterjocht hatte und dass er wegen mir in meinem Traum den Tod gefunden hatte. Aber noch mehr fürchtete ich mich vor dem erschütternden Urteil meiner Ahnen. Der Gedanke, dass mir Tír nanÓg verschlossen bleiben würde, schmerzte mich sehr. Andererseits wollte ich ihn auch nicht verlieren, denn noch immer empfand ich nur Liebe für ihn.
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