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Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
02-10-2025, 07:48 PM,
Beitrag #38
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
"Du meinst, das ...Elysium?", versuchte Saturninus zu verstehen, was seine Liebste vom Jenseits redete...."Nein, mo croí, wir gehen nach Tír na nÓg. Das Land jenseits des Meeres, wo immer Frühling herrscht, wo wir ewig jung und unvergänglich sein werden. Es gibt keine Kälte dort, keinen Hunger und keine Furcht. Nur Schönheit und Glück."....
"Aber das ist nichts für uns. Nur für große Helden....", dennoch: Vielleicht waren in Hibernia die Dinge anders. Es war schön, darauf zu hoffen, dass Niamh Recht behalten würde, gerade weil es keine Hoffnung mehr gab. Saturninus widersprach nicht mehr....

Sie erreichten das düstere Moor. Die Carnyces schwiegen. Die Wasser um sie umher gluckerten und rauschten. Niamhs rotes Haar stach von der grauen Umgebung ab wie eine lebendige Sonne.

Ein Helfer des Druiden trat vor und reichte Niamh und dem Römer einen Becher mit einer dunklen Flüssigkeit. Niamh trank ohne zu zögern.
 Saturninus wollte sich von ihr an Furchtlosigkeit nicht übertreffen lassen, also trank er auch. Sofort fühlte er eine schwerelose Leichtigkeit, als sei sein Geist so sphärisch wie die Nebelschwaden, die über den dunklen Wassern tanzten, und er bereute es, getrunken zu haben. Er wollte in völliger geistiger Klarheit sterben, wie es einem Bürger Roms angemessen war.
Niamh, seine geliebte Frau,  wurde nun entkleidet und kniete nieder. Wie schön und weiß war sie, wie eine Nymphe. Ihr Zustand war nun auch deutlich sichtbar....aber es gab kein Erbarmen mit ihr. Das Ungeborene würde mit seiner Mutter sterben müssen. 
Der alte Druide trat hinter sie, seine Stimme murmelte Beschwörungen an seine Barbarengötter. In seinen Händen hielt er plötzlich eine goldene Axt, gülden blitzte es, und der Tod fällte Königin Niamh, die herrlichste Frau, die hingebungsvollste Geliebte, die je unter der Sonne gelebt hatte.

Ihr Leib sackte nach vorne. Der Druide jedoch trat näher, zog sein Opfermesser und schnitt ihr mit grausamer Hand auch noch die Kehle durch. Ihr rotes Blut sickerte in eine Schale. Aber sie war wohl schon tot gewesen. Ihr lebloser Körper fand seine letzte Ruhe in den dunklen Wassern. Fort war sie, als hätte sie nie existiert.
"Meine Liebste, Carissima, mein Herz- vale bene!", flüsterte Saturninus: 
"Und mein Kind...ich komme jetzt zu euch.."
Nun war der Römer an der Reihe. Er blickte den Druiden ruhig an. Man entkleidete auch ihn, aber er kniete sich nicht hin wie es die Königin getan hatte. Er verehrte die Götter nicht, denen er geopfert wurde, er würde sie nie verehren.
"Ich sterbe im Stehen!", herrschte er den Priester an, aber er neigte den Kopf freiwillig ohne zu zögern, tief, damit ihn die  goldene Axt auch sicher träfe.... Und dann waren all seine Taten getan und all seine Worte gesagt....

Das Jenseits war jedoch kein liebliches Land ewiger Jugend. Da waren keine Götter, kein Charon, kein Fluss Styx und kein Elysium, auch keine Niamh, die ihn erwartete....
Nur die Manen der Gens Furia hatten sich versammelt. In Togen gehüllt saßen sie da, und in ihren strengen Adlergesichtern las Saturninus keine menschliche Regung. Mit Augen wie aus erkalteter Asche blickten sie hinab auf den Spross ihres Geschlechtes, der vor ihnen stand.
"SATURNINUS, WIE KONNTEST DU? ANSTATT DEM HEILIGEN ROM ZU DIENEN UND DIE BARBARENKÖNIGIN ZU TÖTEN, ALS DU DIE GELEGENHEIT HATTEST, HAST DU DICH MIT IHR AUF DEM LAGER GEWÄLZT. NICHT MEHR WÜRDE HAST DU WIE EIN BRÜNSTIGER EBER! DU BIST EINE SCHANDE FÜR DIE FURIER! DU BIST EINE SCHANDE FÜR DIE PATRIA! WIR VERSTOSSEN DICH!
der Älteste und Ehwürdigste, das war Telegonus, der Gründer seines Hauses, streckte eine Hand aus:
"DU BIST VERDAMMT! AUS DEN ANNALEN DER FAMILIE SOLLST DU GETILGT WERDEN. DER NAME TIBERIUS UND DER COGNOMEN SATURNINUS SOLLEN NIEMALS WIEDER VON EINEM FURIUS GETRAGEN WERDEN, DENN ES SIND DIE NAMEN EINES SCHÄNDLICHEN VERRÄTERS! "
Die Ahnen zogen ihre Togen über ihre Häupter und wandten sich ab von ihm, einer nach dem anderen.
Saturninus heulte auf wie ein getroffenes Tier,  und er verbarg sein Gesicht in den Händen:
"Nein bitte nicht, ich sage mich los, hört ihr, ich....."



Dann war es vorbei. Saturninus erwachte. Schweißgebadet war er, obwohl die Nacht kalt und das Samhainfeuer schon längst heruntergebrannt war. Entsetzt starrte er Niamh an, die sich aufgesetzt hatte und genauso ängstlich um sich schaute.
Erst wusste er nicht, wo er war. Dann hörte er Seasnáns Stimme: "Herr! Du bist wach!" Der Gallier hatte eine Laterne und leuchtete ihnen beiden ins Gesicht:
"Du und die Furiana, ihr habt so tief und fest geschlafen, und es ist mir nicht und nicht  gelungen, euch zu wecken!", gestand der Leibwächter.
"Wie...lange?", flüsterte Saturninus und rieb seine Stirn.
"Zwei, vielleicht drei Stunden, Dominus", erwiderte der gallische Sklave.

"Zwei oder drei Stunden?... ", wiederrholte Saturninus. Immer noch fühlte er das Grauen, das ihn in Gegenwart der Totengeister befallen hatte. Immer noch war das Leben, das er geführt hatte, präsent, aber die Bilder verblassten rasch.   Hier waren Nivis und Seasnán, und Saturninus und sie waren eindeutig unter den Lebenden und zurück in Cheddar.

"Und Rom...es wurde nicht von den Hibernern besiegt? Wir wurden nicht versklavt?", fragte Saturninus und stand auf. 
Seasnán kniete nieder: "Nein, solch schreckliche Dinge sind nie geschehen. Soll ich nach dem Medicus schicken lassen? Oder ..nach der Dorfheilerin, sie wohnt näher" Im Laternenschein sah man, dass sich tiefe Besorgnis auf dem Gesicht des Sklaven abzeichnete.
Saturninus versuchte, sich daran zu erinnern, was vor dem Albtraum geschehen war. Das Letzte, was er vom Fest miterlebt hatte, war dass Ciaran in seine Hände klatschte....... er war ein Zauberer, das war wohl gewiss. Gegen Schadenszauber gab es Gesetze...
"Nichts von all dem, Seasnán, sorge dich nicht!"

Saturninus beugte sich zu Niamh: "Wer ist dieser Ciaran wirklich, Niamh?" 
Saturninus streckte seiner Begleiterin die Hand hin, damit sie aufstehen konnte. Aber er nannte sie weder Carissima noch "Mein Herz":
"Ich werde ihn zur Rede stellen!", Saturninus  wurde wütend, auf die Art eines Mannes, der sich hinters Licht geführt fühlte:
"Seasnán, wenn es nötig ist, brichst du dem Kerl jeden Knochen im Leib! Ich will wissen, welchem Zauber er uns unterworfen hat!"

Die frische Luft, die Aussicht, etwas zu tun zu bekommen, belebte den Furius. Und all das erlaubte ihm, Nivis etwas auszuweichen. Gerade ertrug er sie nicht, gerade übertrug sich das Grauen, das er gespürt hatte, auf sie. 

Wenn das Ende nämlich kein Traum, sondern wahr wäre? Wenn ihn die Ahnen verachteten und ausstoßen würden?
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Honoratior von Iscalis
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RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum - von Tiberius Furius Saturninus - 02-10-2025, 07:48 PM

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