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[Iscalis nach Londinium] Der Gefangene des Winters
02-07-2025, 10:55 PM,
Beitrag #6
RE: [Iscalis nach Londinium] Der Gefangene des Winters
Ich hob kaum den Kopf, als Furianus Saturninus' Worte auf mich herabprasselten. Mein Körper war zu müde zum Zittern, meine Haut längst taub von der Kälte, doch in meinem Inneren war noch etwas wach. Etwas Kaltes, das nichts mit dem Frost zu tun hatte.
Seine Worten waren wie Hiebe. Ich hätte mich davor verschließen können, mich in die Kälte zurückziehen, aber etwas in mir wehrte sich gegen das Vergessen.
Als er von Mona sprach, blinzelte ich langsam. Unrecht. Ein Römer sprach von Unrecht. Meine Finger krampften sich um meine Arme. "Unrecht…" Das Wort verließ meine Lippen wie ein Echo, kaum hörbar.
Dann die Gerechtigkeit. Die Ordnung. Der römische Statthalter hatte eine Frau für den Tod ihrers Sohnes entschädigt.Ich hatte sie vertreten. "Nein, wahrscheinlich nicht", flüsterte ich. "Aber sie hätte auch nicht erleben müssen, dass einer der Ihren ihr Kind erschlägt. Und das Geld bringt ihr ihren Sohn auch nicht mehr zurück."

Furius Stimme schwoll an, der Zorn in seinen Worten war fast greifbar. Doch ich ließ ihn an mir abgleiten wie kalten Regen. Ich war der Sohn einer geschändeten Priesterin. So war es also. Er spuckte die Worte aus, als wäre allein diese Herkunft eine Schuld. 
"Nein", sagte ich leise. "Es hört nie auf." Mein Blick blieb auf das Holz des Karrens gerichtet. "Nicht, solange ihr hier seid."
Der Hohn über die Kosten Britanniens ließ mich schnauben, ein schwaches, trockenes Geräusch. "Dann geht doch", murmelte ich. "Verschwindet endlich! Keiner hat euch gerufen."
Als er die Druiden einen Feind der Welt nannte, schloss ich für einen Moment die Augen. Das alte Lied. Die alten Lügen. Ich erinnerte mich an die Gesänge in der Nacht, an die Weisheit in den Augen meiner Lehrer. Wahnsinnig und grausam? Vielleicht... wenn ich an meine Brüder Ciaran und Cinead dachte. Aber die beiden standen nicht für all die anderen. Doch das spielte keine Rolle. Furius Saturninus hatte sich sein Urteil längst gefällt.
Meine Stimme klang kaum mehr als ein Hauch, doch jedes Wort war fest. "Ihr habt unsere heigien Haine niedergebrannt, unsere Heiligen Orte entweiht, unsere Gelehrten ermordet, und damit unser Wissen vernichtet. Und ihr nennt uns wahnsinnig?"

Dann lachte ich bitter. "Vielleicht wollte er mich wirklich tot sehen, weil mein Leben schon mit meiner Geburt verwirkt war. Ich durfte nur existieren, weil ich als Werkzeug der Rache für meine Mutter und die anderen geschändeten Priesterinnen bestimmt war." Als der Römer erklärte, er würde alles Erdenkliche unternehmen, dass ich lebend Londinium erreichte, hob ich endlich den Kopf und sah ihn an. Sein Hass war wie eine Flamme, hell und heiß. Ich spürte ihn nicht mehr. "Ich habe keine Angst vor dem Tod, weder hier in diesem Käfig, noch vor deinem Statthalter."
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Als "Lucius Tarutius Corvus"
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Falke
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RE: [Iscalis nach Londinium] Der Gefangene des Winters - von Alun - 02-07-2025, 10:55 PM

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