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Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
02-06-2025, 11:15 AM,
Beitrag #36
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Saturninus verstand nicht, was den Sinneswandel ausgelöst hatte. Doch dann sagte er sich, dass eine Begründung vielleicht nicht nötig war. Die Hiberner waren eben Barbaren, und sie handelten, wie es ihnen ihr wetterwenderischer Sinn eingab. Die ihm unverständlichen Worte von Niamh beendeten nämlich ihre Misshandlungen sehr plötzlich, die Schläge hörten auf, die Fesseln wurden abgenommen, sie wurden gebadet, neu eingekleidet, gesalbt und geschmückt. Erst da verstand der Römer: Sie wurden vorbereitet, wie sein eigenes Volk einen Stier für Iuppiter vorbereitete, ihn wusch und ihn bekränzte. Es war ein gutes Omen, wenn das Opfer freiwillig zum Altar ging. 
Irgendetwas war in den Speisen, die man ihnen reichte. Die ganze Zeit über fühlte Saturninus eine fast heitere Entrücktheit, eine Zustimmung zu all dem, was sie erwartete. Sie waren fast am Ende ihrer Reise angekommen. Nur noch ein kleiner Schritt war zu tun....Niamh lag dann bei ihm, schmiegte sich an ihn, küsste ihn. Saturninus erwiderte ihre Zärtlichkeit. Das letzte Mal lag er bei ihr. Diese Liebe musste für sehr, sehr lange Zeit reichen, vielleicht sogar für alle Ewigkeit. 
"Mein Herz, mein Ein und Alles", murmelte er:"Hast du Angst vor dem Tod? Ich habe sie nicht, obwohl man mir erzählt hat, dass ich von den Wassern der Lethe trinke und Dich und unser Kind dann vergessen werde. Der Hades ist nur ein düsterer und grauer Ort, nichts Erstrebenswertes. Aber bis zu unserem letzten Atemzug werden wir beisammen sein, Niamh, und wer weiß schon, was dann geschieht"
Sie schliefen aneinander geschmiegt ein. Viel zu schnell graute der Morgen.
Und da erwarteten die Helfer des Druiden sie und viel Volk, und alle gaben ihnen das Geleit bis zum Moor, bis das Volk zurück blieb. Carnyces wurden geblasen, ihr rauer Ton war für römische Ohren ein Vorbote des Unheils. Saturninus kannte sie aus der Schlacht, in der er als Tribun gekämpft hatte. Die fürchterlichen Kriegstrompeten der Hiberner hatten das Imperium erzittern lassen.

Saturninus hatte seinen Arm um Niamh gelegt, als sie an ihrem früheren Volk vorbei schritten. Er schaute gerade aus und viele Gedanken gingen ihm durch den Kopf. Hatte er Niamh verraten? Hatte er Rom verraten? Nein, keinen von beiden, dachte er und dennoch alle beide. Nun würde er sterben, und er beschloss, es würdig und mit Haltung zu tun. 
Da lag es vor ihnen, das düstere Moor...
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Honoratior von Iscalis
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RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum - von Tiberius Furius Saturninus - 02-06-2025, 11:15 AM

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