RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Nicanders Worte ließen mich nicht los. Ich hatte immer gedacht, dass Leanders Zurückhaltung nur eine Frage seines Wesens war, eine Nüchternheit, die nicht aufgebrochen werden konnte. Doch nun stellte Nicander es anders dar.
"Nicht kalt?" wiederholte ich leise. "Dann soll er es mir zeigen. Er soll mir ein einziges Mal sagen, dass er mich gern hat und dass er sich auf unsere Ehe freut. Aber das tut er nicht. Er sagt nichts, er bleibt fern, er lässt mich rätseln, was er fühlt oder ob er überhaupt etwas fühlt." Mein Blick fiel auf meinen Sklaven. Er war kein stiller Beobachter wie Leander. Er sprach, er fragte, er drückte aus, was in ihm vorging. Und was er mir nun sagte, dass Leander ihn mir praktisch in mein Bett gelegt hatte, wurde der Klang meiner Stimme bitter. "Ich fühle mich deswegen mindestens genauso gekränkt, wie er sich gekränkt fühlt. Was für eine Frau würde sich nicht gekränkt fühlen, wenn ihr Ehemann einen anderen zu ihr schickt? Wie soll ich da glauben, dass er mich begehrt, dass ich ihm etwas bedeute? Ich will diese Ehe, ich will ihn lieben können, aber wie kann ich das, wenn er mich so behandelt?"
Ich rang nach Worten, als er weiter sprach, um auszudrücken, was in mir vorging. "Ich soll dich so fortschicken das es das ganze Haus mitbekommt?" fragte ich ihn. "Und du meinst du wirklich, er würde sich dann für meine Entscheidung interessieren?" Ehrlich gesagt konnte ich mir nicht vorstellen, ob er davon überhaupt Notiz nehmen würde.
Sein Blick ruhte auf mir, eindringlich, voller Gefühle, die ich kaum ertragen konnte. Ich wusste, was er von mir wollte. Und was ich selbst mir wünschte, obwohl ich es mir nicht eingestehen durfte.
Und dann nahm er mich in seine Arme.
Es war, als wäre die ganze Welt für einen Moment zur Ruhe gekommen. Ich hätte weichen können. Ich hätte ihn fortstoßen müssen. Doch ich tat es nicht.
Liebe...
Als er mir seine Liebe gestand, zog sich mein Herz schmerzhaft zusammen. Ich wollte es nicht hören. Ich durfte es nicht hören, doch sein Atem streifte meine Wange, seine Wärme hüllte mich ein, als wollte er mich vor der Kälte bewahren, die mich umgab. Für einen kurzen Moment schloss ich die Augen. Es wäre so einfach, sich fallen zu lassen. Zu vergessen, wer wir waren.
"Nicander …" Meine Stimme war nur ein Flüstern. "Warum sagst du mir das? Warum machst du es mir noch schwerer?"
Ich hätte ihn halten können. Ich wollte ihn halten. Doch stattdessen löste ich mich mit einem tiefen Atemzug aus seiner Umarmung.
"Geh, Nicander", sagte ich leise, aber bestimmt. "Bevor es zu spät ist." Mein Herz schrie danach, ihn zurückzuhalten, doch ich blieb standhaft. Ich musste.
![[Bild: 3_15_08_22_9_37_19.png]](https://adlerchronik.de/gallery/3_15_08_22_9_37_19.png)
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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