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Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
01-25-2025, 05:12 PM,
Beitrag #6
RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe
Ich verbeugte mich ganz kurz beim Eintreten und blieb stehen. Die Domini standen mir gegenüber, so dass wir ein Dreieck bildeten wie man es auf der Bühne tat, wenn man ein Dreiergespräch abbilden wollte. Jeder Zuschauer konnte so zumindest von seinem Platz aus einen der Schauspieler beziehungsweise den Pantomimen, der durch Tanz alle drei verkörperte, genau sehen. Nur dass wir hier keine Zuschauer hatten.  Dennoch schien es fast wie ein Theaterstück. Aber der Stoff für die Tragödie und für die Komödie gleichermaßen  entsprang nicht gelehrtem Wissen über alle Vorkommnisse der Sagenwelt bis hin zur Königin Kleopatra, sondern hier dem realen Leben, dem Ehegemach von Plautius Leander und Norbana Orestilla, die brave Iscaler Bürger waren und meiner Wenigkeit, ihrem Sklave .

Plautius Leander hielt sich... wie sollte ich es sagen, für körperlich nicht anziehend genug. Er meinte, dass eine junge Frau einen Adonis an ihrer Seite wünsche. Da hätte ich ihm gleich hundertmal widersprechen können. Wusste er denn nicht, dass es sogar junge Damen aus senatorischem Stand gab, die nach schielläugigen, narbengesichtigen Gladiatoren schmachteten? Die Liebe war schon ein seltsames Spiel. 
Doch dieser Irrtum war es nicht, der mich verblüffte. Sondern dass er, der Römer sagte, er wünsche sich eine Gattin, die sich aus Begehren mit ihm vereinigte und nicht aus Pflichtgefühl. Heieieiei... aus was denn sonst? Ich hatte mich getäuscht, mein Herr war gar nicht so römisch,wie er für mich ausgesehen hatte,  in seiner Seele war er ja griechisch durch und durch. Das war mir höchst symphatisch.  Leidenschaft wollte er nämlich, und dass die süße Norbana Orestilla durch jemandem, den sie als anziehend empfand, in die Liebe eingeführt wurde, auf dass die Freude an der  körperlichen Liebe auch die Bereitschaft für ihren Gemahl entzünde.

Mir wurde klar, dass Plautius Leander durch seine außerordentliche Grpßzügigkeit in die Gefahr geriet, als Betrogener oder Kuppler dazustehen und sich gesellschaftlich lächerlich zu machen, selbst wenn ein Richter die Schuld - natürlich - der Frau geben würde. Wenn er dies Risiko auf sich nahm, musste er Norbana Orestilla aufrichtig lieben. Meine kleine fromme Lüge im Tablinum, dass der Plautius die Norbana, war also wie durch ein Wunder zur lauteren Wahrheit geworden.

Plautius Leander edle Gesinnung rührte mich jetzt so sehr, dass mir wieder Tränen in die Augen traten. Und genau mit diesen tränenumflorten Augen begann ich den Dominus jetzt in seiner ganz eigenen Schönheit zu sehen.  Vielleicht lagen seine Reize in seinen Augen, in seiner Ruhe und Unerschütterlichkeit, in seiner Selbstlosigkeit und in seinen ernsten männlichen Zügen und seinem immer noch ansehnlichem Körper. Ein Pylades war er eher als Adonis. Aber Adonis sank so jung in sein Grab. Der treue Freund Pylades lebte hingegen bis ins hohe Alter glücklich mit seiner Frau Elektra....

Nun beschrieb uns Plautius Leander genau und in größter Sachlichkeit,  was er  an Venusdienst gestattete und was er nicht gestattete. Erlaubt waren all die Praktiken, die verheiratete, auf Abwegen wandelnde Frauen mit ihren Liebhabern auszuüben pflegen, damit ihre Kinder trotz allem dem Ehemann ähnlich sahen. Doch diesmal erschien mir des Herren Juristerei lieblich und eine Verbündete. Ich nickte ernst bei allem, was er sagte, auch wenn mir die Wangen brannten.  

Jetzt schaute ich zu meiner  liebsten Herrin. Mein Herz klopfte mir bis zum Hals. Die Wangen gerötet, schöner als je zuvor, stand sie da, vom nämlichen Gefühl der Zuneigung für ihren Gatten ergriffen, und sie sprach zwar gerührt, aber dennoch ihrer selbst sicherer als je zuvor, seit sie ihr neues Heim betreten hatte:
"Ich weiß nicht, was ich sagen soll. Ich hätte nicht gedacht, dass du so reagieren würdest. Dass du… so verständnisvoll bist.
Ich verspreche, ehrlich mit dir zu sein und auch, dass ich nichts tun werde, was dich oder mich in der Öffentlichkeit kompromittieren könnte."
Nun schenkte sie ihrem Ehemann ein zögerliches Lächeln: " Ich hoffe… ich hoffe, mit Nicanders Hilfe werde ich bald bereit sein… für dich."

Ich wechselte meinen Standpunkt, um an Orestillas Seite zu treten. Ich konnte nicht anders, als sie anzustrahlen, mit solcher Seligkeit, mit solchem Herzklopfen. Ich würde Norbana Orestilla küssen dürfen. Ich würde ihre geheimsten Stellen erkunden, sie lieben, und sie wäre mein - nicht meine Frau, aber mein Mädchen, meine Geliebte, wenn auch nur heimlich und verborgen.

"Ich werde keinem von euch Schande bringen, Domini. Deine Worte habe ich mir gut gemerkt, Herr", sprach ich und streckte eine Hand aus, damit Orestilla die ihre in meine legen konnte. Meine Hand zitterte,  denn mein Herz glühte in Liebe und Leidenschaft.

Aber wie gesagt, es war mir ein hehres Ziel, die Gatten zu vereinen. Ich würde also oft Plautius Leanders Lob singen. Und ich würde auch Plautius Leander dazu bringen müssen, um... seine Gattin zu werben als sei sie ein Liebchen. Wenn er wollte, dass sie mit ihm schlief, weil sie ihn begehrte, war altrömische Gattenliebe nicht genug, da brauchte auch er Nachhilfe in amor, in Romantik.
[Bild: 1_26_01_24_4_43_25.jpeg]
[Bild: 3_15_08_22_9_43_44.png]
"Scheinsklave" Norbana Orestilla
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RE: Cubiculum | Regeln einer (glücklichen) Ehe - von Nicander - 01-25-2025, 05:12 PM

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