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Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
01-24-2025, 04:21 PM,
Beitrag #30
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Saturninus wusste nicht, was ihn ritt. Als Niamh sagte, sie käme mit ihm, nickte er, nahm sie bei der Hand und sie ritten auf ihrem Pferd davon. Irgendwann einmal hatte ihre Flucht ein Ende, als sie an eine verlassene Hütte kamen. Sie lag noch im Wald, doch an der salzigen Luft, die in der Lichtung wehte, erkannte Saturninus, dass sie am Meer angekommen waren.  Dort versteckten sie sich. 
Die Stelle an seinem Hals, an der der Halsring gescheuert hatte, verheilte zu einer Narbe. Als ihm endlich ein schwarzer Bart gewachsen war, wagte Saturninus den Abstieg zum Strand. Die Fischer waren wenige, und ihre geflochtenen Rundboote sahen nicht so aus, als seien sie wirklich hochseetüchtig. Saturninus wagte nicht, sie anzusprechen. Sie hielten ihn  für stumm, da er nicht sprach und später für einen der Männer, die den Verstand verloren hatten und zwischen Klippen und Wald hausten. Aus Mitleid warfen sie ihm und den anderen Verrückten zuweilen Fische hin. 
Einmal versuchte einer der Anderen, Saturninus einen Fisch abzunehmen. Der Furius erschlug ihn mit all der Kraft, zu der er fähig war. Der Fisch war für Niamh, sie brauchte ihn nötig, bestimmt. Saturninus konnte nicht ertragen, dass seine schöne Frau dünn und blass  vor Entbehrung werden könnte. Er säuberte sich nach dem Mord seine Hände am Gras und ging nach Hause, als sei nichts geschehen.
 Stets erwartete ihn Niamh, ihre schlanke rotmähnige Gestalt,  vor der Hütte. So stand sie da, die Hand über die Augen gelegt und hielt Ausschau nach ihm, Suibhne oder Saturnus, wie sie ihn nannte. Er nannte sie hingegen  "Carissima", "Liebes" oder "mein Herz".
Rom verblasste in seiner Erinnerung bald wie ein Schemen. Die ganze Zeit kam niemand zu ihnen. Sie fanden Nahrung und ab und an jagten sie, doch sie wagten es nicht, sich zu weit von der Hütte zu entfernen, aus Sorge, jemandem zu begegnen, der die Königin erkannte.


So verging der Frühling, so verging der Sommer. Unmerklich wurde es kühler, es regnete mehr. Aber noch hatten sie Nahrung und noch hatten sie sich. 
Eines Tages, als er und seine Gefährtin beieinander lagen, flüsterte sie: "Saturnus,"  und drehte sich zu ihm. Sie nahm seine Hand und legte sie behutsam auf ihren Bauch. "Ich erwarte ein Kind, Dein Kind," sagte ich leise.
"Ein Kind! Oh mein Herz, ein Kind", Saturninus küsste Niamh hundertfach. Ein Kind, sein Kind.... er war glücklich.


In diesen Tagen danach jedoch fand er das kleine Boot. Es war keines der hiesigen, das sah er.  Es war ein einfaches Plankenboot, das ohne Kiel und Spanten gebaut worden war, aber es war ursprünglich weiß angemalt gewesen und trug eine römische VIII, auch wenn die Farbe jetzt verwittert war. Es musste ein Beiboot einer römischen Handelsgaleere gewesen sein, vermutete Saturninus. Helle Aufregung erfasste ihn. War das nicht förmlich ein Zeichen der Götter, dass er nach Hause gerufen wurde? Zu lange war er schon hier. Plötzlich war Rom wieder präsent, kraftvoll und in all seiner Herrlichkeit stand es vor seinem inneren Auge. Die Patria! Heftige Sehnsucht ergriff ihn.  Doch die Königin und ihr ungeborenes Kind, seine Carissima, würde er mit sich nehmen. Zunächst aber musste er das Boot reparieren, es kalfatern...
Als Saturninus sich aufrichtete, blickte er direkt in die blauen Augen eines Kelten. Der Kleidung nach zu urteilen, war er ein Fischer.
Saturninus ballte die Fäuste, bereit, sich auf ihn zu stürzen, wenn er ihm das Fundstück streitig machen wollte.
Aber das wollte der Mann nicht. Er lachte nur, wies auf Saturninus Bart, strich sich seinen rotblonden, dann deutete er auf das Boot, wobei er die Bewegungen von Reet schneiden und Werg herstellen machte und die Lippen kräuselte. Er schien nicht viel von der Seetüchtigkeit des Bootes zu halten.
Er zeigte auf Saturninus:
"Rómhánaich!" , sagte er, es war keine Frage. Ein listiges Funkeln trat in seine Augen, nicht unfreundlich. Er deutete auf sich selbst: "Colla"  und dann auf das Meer:
"A Róimh?" , fragte er, als meinte er das nicht ganz ernst. Saturninus erriet was er sagte.
Er nickte: "Das ist es. Ich muss zurück nach Rom!", stieß er hervor. Seine Stimme klang ihm rau in seinen Ohren. So lange hatte er mit keinem Menschen außer Niamh gesprochen:
"Hilf mir, und du sollst reich belohnt werden!"
Der Fischer deutete wieder auf sich, dann auf Saturninus, dann fragte er etwas und hielt die Finger in die Höhe.
"Wir sind zwei. Meine Frau mitkommen. Und du. Gold", auch Saturninus zählte jetzt, er zählte die imaginären Goldstücke, die er dem Fischer bezahlen wollte. Es versprach ein Vermögen.
Colla, wie er hieß streckte die Hand aus. Saturninus schlug ein.
Wieder grinste der Mann. Dann zog er ein Messer. Saturninus sprang zurück, zum Angriff bereit, aber Colla grinste nur noch breiter und begann seelenruhig Reet zu schneiden. Sie arbeiteten schweigend nebeneinander her, bis es dämmerte.


Dann brach Saturninus nach Hause auf.
"Nivis, Nivis, ich habe ein Boot und einen Fischer, der uns hilft, gefunden! Sein Name ist Colla. Wir kehren also nach Rom zurück!", rief er schon von weitem. Dann dachte er, dass ihr der Gedanke nicht so erstrebenswert erscheinen mochte wie ihm:
"Sorge dich bitte nicht, Liebste! Du kommst mit mir, und ich werde dich nie in Stich lassen!"
Er umarmte Niamh und wirbelte sie vor Freude einmal im Kreis.
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Honoratior von Iscalis
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