RE: [Officium] Gedanken nach der Hochzeit
Wieder einmal hatte ich die Römer je nachdem wie man es sehen will, unter- oder überschätzt. Sie waren keine Menschen, sie waren doch Automata. Es gab nicht einmal den gehörnten Ehemann, der wütend brüllend in das Schlafzimmer preschte: "Du hast mich betrogen, Hure, scher dich in dein Vaterhaus zurück!" Es gab keine Anschuldigungen, keine Flüche, keine Beteuerungen, keine Tränen und keinen toten Nebenbuhler (mich!)
Plautius Leander sagte nur, dass er, um eine recht mitgiftlose Ehe zu beenden, keinen Rechtsstreit führen würde. Rechtsstreit?! Der Mann hatte kein warmes, rotes Blut, er hatte Paragraphen in den Adern!
Arme liebste Domina, schönste Blume von Iscalis, so lebensvoll, so liebenswürdig. Wäre der Herr ein Schauspielerkollege gewesen, geschüttelt hätte ich ihn und ihn gefragt, ob er denn wirklich stets so kalt und beherrscht sein konnte?
Nein, man ließ mir - beziehungsweise uns, freie Hand. Nur mehr als amor sollte es nicht werden. Und zum Beweis dafür, wie hoch Herr Leander über all den menschlichen Rührungen stand, ordnete er an, dass ich heute Abend in ihr eheliches Gemach kommen sollte, und dass er die Schlafsituation überdenken würde.
"Ich möchte nur, dass meine Herrin glücklich ist. Das wird sie jedoch nur sein, wenn sich auch ihre Ehe glücklich mit inniger Gattenliebe gestaltet. Ich will alles was mir möglich ist, dafür tun wie ein Diener, der die Wagentür einer Kutsche öffnet, die Reisenden einsteigen lässt und dann gute Reise wünscht"
Ich versprach auch das. Wenn das mit den moralischen Verpflichtungen so weiter ging, würde ich mich nie aus der Scheinsklaverei befreien können.
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