RE: Hochzeit Caius Plautius Leander und Norbana Orestilla
In ihrer Stimme war eine Anspannung, die Leander nicht entging. Aber sie wahrte die Fassung und bat auch nicht um ein Wort unter vier Augen oder ähnliches. Leander schloss daraus, dass sie wahrscheinlich wütend auf ihn war und nun ebenfalls so tun wollte, als wäre nichts weiter. Nungut, mit trotzigen, jungen Damen kam er schon zurecht, auch wenn es nun nicht unbedingt seiner Lieblingsbeschäftigung entsprach.
Er hatte sich auch recht schnell fertig angekleidet und sah nur kurz zu ihr herüber, wie sie mit erhobenem Kopf sich frisieren ließ, ohne etwas zu sagen. Er hatte ja gehofft, dass das vertraute Gesicht ihrer Sklavin sie etwas auflockern würde, aber wohl nicht. Dann war es jetzt eben so. Er erwartete ja auch gar nicht eine großartige Veränderung ihres Verhaltens, erst recht nicht so schnell. Sie würde sicher bald lernen, dass er schlicht nicht zu erpressen war, und entweder würden sie dann zu einem friedlichen Zusammenleben finden, oder eben nicht. Solange sie die Ehe bis zu Senecas Tod aufrecht erhalten konnten, würde es für Leanders Zwecke erst einmal genügen.
“Wie es sich gehört“, stimmte er also ruhig zu und ging voraus ins Atrium. In der Nacht hatte es geregnet, weshalb der Boden rund um das Impluvium auch nass war und von den übrigen Sklaven gerade noch einmal trocken gewischt wurde, ehe die Gäste kamen. Im Tablinum waren zwei Stühle hergerichtet worden für den Hausherrn und die Hausherrin, so dass sie die Gäste dort empfangen konnten. Leander nahm auf dem linken Platz und überließ seiner Frau somit den ehrenhaften rechten Platz an diesem Morgen.
Es dauerte auch nicht lange, bis Gäste eintrafen. Wie vorausgesehen waren es nicht allzu viele, die meisten waren die direkten Nachbarn und eine Abordnung von Leanders Arbeitsstätte kam ebenfalls. Letztere hatten ihr Geld zusammengeworfen und steuerten dem Haushalt eine etwa hüfthohe Statue bei, die Leander als Mercurius identifizierte, auch wenn er keine Ahnung hatte, warum seine Arbeitskollegen ihm ausgerechnet eine Statue von Mercurius schenkten. Dennoch bedankte er sich natürlich dafür und hoffte, dass irgendwer das Ding irgendwo hinstellte, wo es nicht nur Staub fing. Von der älteren Nachbarin schräg gegenüber gab es einige große Teller, die sie liebevoll als Servierplatten betitelte, von anderen gab es ein paar schicke Öllampen und ähnliche Kleinigkeiten des Haushaltes, die man wohl immer brauchen konnte, aber nicht wirklich brauchte. Dinge, die man eben schenkte, wenn man der mittleren Gesellschaftsschicht angehörte.
Als der Strom der Gratulanten vorbei zu sein schien, erhob Leander sich schließlich auch wieder von seinem Platz. “Ich werde für einige Stunden arbeiten gehen. Die Köchin hat für diese Woche noch einen Plan bezüglich des Essens, aber vielleicht möchtest du dich mit ihr unterhalten. Die Sklaven stehen dir natürlich alle zu deiner Verfügung und werden sich bemühen, eventuell offene Wünsche umzusetzen.“ Gab es noch mehr zu sagen? Achja. “Vater verbringt den Tag üblicherweise in der Bibliothek und raucht, du kannst ihm also leicht aus dem Weg gehen. Wenn du hinausgehen möchtest, nimm bitte mindestens zwei Sklaven stets mit. Vielleicht bereitet es dir ja Freude, die Therme zu besuchen.“
|