Taberna "Vinum et Panis" | „non semper, Saturnalia erunt. “
Die unzähligen, teils noch unbeglichenen Rechnungen, ließen Nefertem keine Ruhe. Ließen ihn aus seinem leichten Schlaf empor schrecken, wenn er in einem Albtraum gefangen zu sein schien. In seinem Albtraum konnte er eine finstere, gesichtslose Gestalt erkennen, die seine Klauenfinger nach der claudischen Villa ausstreckte. Seine junge Domina saß gefesselt an Händen und Füßen auf einem Stuhl, während man die claudische Villa verramschte. Sämtliches Mobiliar aus der Villa entfernte. Und zum Schluß die Sklaven veräußerte. So sah sich Nefertem auf einem Sklavenmarkt stehend, die Sonne brannte erbarmungslos auf ihn nieder. Doch wann immer der Sklavenhändler, der merkwürdigerweise die Augen des Furiers hatte und auch dessen Gebaren, auf der Plattform erschien, erwachte Nefertem mit hastig pochendem Herzen und schweißbedeckter Brust. Vor den übrigen Sklaven zeigte der Maiordomus ein gänzlich anderes Bild. Die Schulden seiner Domina gingen nur ihn etwas an, während die Münzen in der Truhe immer weniger wurden und Nefertem den Stapel an Rechnungen am liebsten ins Feuer geworfen hätte. Wie konnte seine junge Domina nur so leichtsinnig sein? So hatte er Claudia Sabina überhaupt nicht eingeschätzt. Mit einem dumpfen stöhnen rieb sich Nefertem seine Nasenwurzel, als sich stechende Kopfschmerzen anzukündigen begannen. Nein, nicht jetzt. Am heutigen Tag waren weitere Rechnungen auf seinem Schreibtisch gelandet. Rechnungen die Nefertem noch gar nicht geöffnet hatte, da er ohnehin nicht wusste, woher er die Münzen nehmen sollte, um die Schulden zu begleichen. Und dann waren auch noch Saturnalien. Jenes Fest, auf das sich die claudischen Sklaven bereits sehr freuten. Und da Claudia Sabina nicht zugegen war, übernahm Nefertem ihre Aufgabe und beschenkte die Sklavenschaft. Es waren kleine Geschenke, wahrlich sehr kleine Geschenke. Und doch freuten sich die Sklaven, was Nefertem an ihren glücklichen Gesichtern erkennen konnte. So war es nach kurzer Zeit wieder äußerst still in der claudischen Villa. Während Nefertem gedankenverloren durch die Gänge schritt, seine leicht bebenden Finger miteinander verschränkt hatte und seine Gedanken einfach nicht zur Ruhe kommen konnten.
Den übrigen Sklaven hatte er für den heutigen Tag freigegeben und auch Nefertem würde die Villa Claudia verlassen. Vielleicht würde es ihm gelingen sich einfach treiben zu lassen. An diesem Abend hatte Nefertem sogar jene Tunika angezogen, die er einst von Marcus Iulius Cato geschenkt bekam. Auch wenn er bereits mit dem Gedanken spielte, dieses Geschenk zu veräußern, um wenigstens etwas Münzen in die Haushaltskasse zu spülen. Düster die Gedanken des Lockenkopfs, der seine Schritte gedankenverloren durch die Gassen lenkte. Bis er schließlich im Handelsviertel angelangt war und zum ersten mal seine Umgebung wahrzunehmen begann. Von überall her konnte er fröhliches Jauchzen und zotige Sprüche hören und Nefertem wurde bewusst, dass ihm eigentlich nicht nach Feiern zu Mute war. Zu sehr belasteten ihn die Schulden seiner Domina. Wieso hatte ihn Domina Claudia Sabina nicht mitgenommen, dann hätte er ihrer Einkaufsflut einen Riegel vorschieben können. Auch wenn er wusste, dass sich seine Domina an die Anweisungen ihres Hausverwalters garantiert nicht halten würde. Wollte sie ihrem ungeborenen Kind etwa einen Schuldenberg überantworten? Bei dem Gedanken an das Ungeborene knirschte Nefertem mit den Zähnen und wandte sich im nächsten Moment zur Seite, als ein sichtlich betrunkener Zecher aus einer der Tabernae torkelte. Jene Taberna würde nun Nefertem betreten.
Schweiß, der Gestank nach Erbrochenem und anderen Körperflüssigkeiten drang an Nefertems Nase, so dass dieser nur noch flach zu atmen begann. Wie widerwärtig. Und doch würde er nun keinen Rückzieher machen, im Gegenteil. Der claudische Sklave suchte sich einen freien Tisch und ließ sich auf der Holzbank nieder. Als auch schon eine dralle Bedienung an seinen Tisch trat und einen Krug mit schäumendem Muslum vor ihn abstellte. Die Bedienung zwinkerte Nefertem zu, nahm die Münzen entgegen und verschwand mit einem gekonnten Hüftschwung. Während sich der claudische Sklave an den Krug klammerte und den Inhalt betrachtete. Melancholie im Blick. Und Wut im Herzen auf seine junge, unreife Domina.
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