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Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
01-05-2025, 05:08 PM,
Beitrag #21
RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum
Als der Römer seinen Kopf hob, bemerkte ich, dass eines seiner Augen ganz zugeschwollen war, was ihn jedoch nicht daran hinderte, mir mit trotziger Haltung entgegenzutreten. Sein Blick war scharf und herausfordernd, was schon ein wenig lächerlich wirkte, da er gänzlich nackt, verdreckt, lädiert und in Ketten gelegt vor mir stand. Doch irgendetwas an ihm zog mich in seinen Bann, obwohl sein recht ansehnlicher Körper von den Zeichen des Kampfes und der Gefangenschaft gezeichnet war. Vielleicht war es die Art, wie er sich hielt, wie er meinen Blick erwiderte, ohne Furcht, als sei er immer noch Herr seines eigenen Schicksals.

Er sprach in der Sprache der Römer, die trotz seiner offensichtlichen Schmerzen ungebrochen klang. Gwen übersetzte mir seine Worte, und ich musste unwillkürlich lächeln. "Tiberis Furus Saturnus“, versuchte ich leise, die fremden unaussprechlichen Silben zu widerholen. Ein sperriger Name, so hart wie sein Blick und so fremd wie das Volk, dem er entstammte.
Doch es war sein Tonfall, der mich am meisten reizte – der spöttische Klang in seiner Stimme, als er mich  'regina' nannte - was Königin bedeutete, wie mir Gwen erklärt hatte - als sei dieses Wort unter seiner Würde. Er mochte ein stolzer Mann sein, dachte ich, aber er war dennoch nur ein Gefangener. Ein Sklave, der sich für etwas Besseres hielt. Die Römer mit ihren Städten und ihrem prahlerischen Stolz hatten lange genug die Welt beherrscht. Nun stand einer von ihnen vor mir – besiegt, nackt und in Ketten. Doch statt Demut zu zeigen, blitzte der Hochmut dieses Mannes immer noch wie ein Schwert in seinen Augen.

"Tiba… ahhh!", versuchte ich erneut, seinen Namen auszusprechen, aber gab es dann entnervt auf. "Du trägst einen Namen, der nicht zu meiner Zunge passt. Ich werde dich Suibhne nennen. Fortan sollst du so gerufen werden: S-U-V-N-E!" Der Name war mir plötzlich in den Sinn gekommen. Er bedeutete 'wohlergehed' in meiner Sprache. 

Ich würdigte S[i]uileabhain[/i] keines Blickes mehr und wandte mich an Gwen, die den Sklaven mit sichtbarem Widerwillen ansah. "Ich nehme ihn mit. Fortan soll er sich um das Wohlergehen meiner Hunde kümmern." Eine Aufgabe, die für gewöhnlich nicht an die niedrigsten der Sklaven gegeben wurde. "Bringt ihn ins Rundhaus", befahl ich.  Das königliche Rundhaus bestand eigentlich aus einem großen Haus, in dem der König und seine Familie residierte und mehreren kleineren Häusern, in denen die Dienerschaft und die Wirtschaftsräume untergebracht waren. Die Mauern dieser Häuser bestanden aus aufeinandergesetzten Steinen und die Dächer waren mit Reet gedeckt. "Und sorgt dafür, dass er gewaschen wird. Gebt etwas Anständiges zum Anziehen. Ich will nicht, dass er wie ein Tier aussieht, das man gerade aus dem Schlamm gezogen hat. Danach bringt ihn zu mir." 

Meine Worte überraschten Gwen, die mich mit einem ungläubigen Ausdruck anstarrte. "Hosen?", wiederholte sie und konnte ihr spöttisches Lächeln kaum verbergen als ihr Blick wieder auf den Römer fiel. "Wie du wünschst, Herrin."

Während Suilleabhain ihn abführte, blieb mein Blick an ihm haften. Da war etwas an ihm, das mich immer noch gleichermaßen faszinierte und irritierte. Vielleicht war es seine Ähnlichkeit mit jemandem, den ich einst gekannt hatte, oder vielleicht war es einfach die Tatsache, dass er sich nicht beugen wollte, selbst jetzt nicht. Aber eines war sicher: Suibhne würde sich meiner Macht nicht entziehen können. Und wenn es Götter gab, die ihn mir geschickt hatten, dann würde ich herausfinden, warum.
[Bild: 1_29_07_23_5_35_37.png]
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RE: Beim alten Hügelgrab - ein Samhain-Nachttraum - von Furiana Nivis - 01-05-2025, 05:08 PM

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