[Officium] Gedanken nach der Hochzeit
“Sie ist ein Kind!“
Innogen lehnte sich lässig zurück auf dem Schreibtisch und beobachtete Leander, wie dieser noch immer reichlich aufgebracht durch das kleine Officium stapfte. Er hatte seine Frustration schon an ihr abgearbeitet. Zwei Mal. Weshalb sein Anblick jetzt, nackt und leicht verschwitzt, durchaus sehr ansprechend war. Aber das sollte sie jetzt besser nicht erwähnen. “Nunja, sie ist eben auch sehr jung.“ Auch das war wohl nicht die Antwort, die er hören wollte.
“Jung, verwöhnt und voller romantischer Flausen im Kopf. Sie wollte ein Kätzchen zum Spielen haben. Sie hat absolut keine Vorstellung davon, wie viel irgendetwas kostet und kann mit Geld nicht umgehen.“ Innogen hatte nicht gewusst, mit wie viel Abwertung man ein einzelnes Wort belegen konnte, bis jetzt. Sie zog die Augenbrauen hoch. Leander hielt in seiner Wanderung kurz inne und sah Innogen an. “Erinnere mich daran, mit der Köchin zu sprechen, dass das Budget für die Einkäufe weiterhin mit mir zu klären ist. Ich möchte keine Probleme bei der Vorratshaltung.“
Innogen seufzte leicht und setzte sich wieder aufrechter hin. “In Ordnung. Aber was willst du jetzt tun? Dich wieder scheiden, oder?“
Leander kam sehr schnell zu ihr und stützte sich so links und rechts von ihr ab, dass sie wieder leicht mit dem Oberkörper zurück musste. “Lass die Spielchen, Innogen. Du weißt, dass ich nicht so eine Art von Mann bin, der ein Kind wieder auf die Straße setzt, nur weil es ein Kind ist. Und du weißt auch, was das hier ist und was es nicht ist.“ Er blickte sie noch einen langen Augenblick lang intensiv forschend an, bis sie den Blick senkte und eine Entschuldigung murmelte.
Weil er ihr gerade so nah war und noch immer aufgebracht und sie noch nach Schweiß und Sex roch, regte sich in ihm wieder das Verlangen, also hob er ihren Kopf leicht mit den Fingern an und küsste sie einmal fragend und zurückhaltend. Als sie darauf dann sehr schnell einging und ihre Beine auch wieder um ihn schlang, folgte eine weitere Runde, diesmal nicht mehr ganz so hart und dominant wie die beiden Runden zuvor, aber immer noch fordernd genug, damit sie beide Erlösung fanden.
Danach war Leander aber wirklich müde und der Zorn für den Moment verraucht.
Er ließ sich in einen Korbsessel fallen und dampfte etwas aus, während Innogen wackelig wieder auf die Beine zu kommen versuchte und sich am Schreibtisch wieder hochzog, um sich dort auf die Kante zu setzen. Ihre Knie waren etwas wundgescheuert und empfindlich.
“Und was willst du tun?“ fragte Innogen dennoch noch einmal, ohne irgendwelche Vorschläge zu machen.
Leander fuhr sich mit der Hand einmal übers Gesicht, und das nicht nur, um den Schweiß wegzuwischen. “Ich weiß es nicht. Sie will Romantik und Verführung...“
Innogen saß inzwischen wieder und schüttelte lächelnd den Kopf. “Und was ist daran so schwer? Dann raspele ein bisschen Süßholz und verführe sie eben. Wir beide wissen, dass du auch zärtlich sein kannst.“
Leander seufzte tief und frustriert und schüttelte den Kopf. “Nein. Das hier ist mein Zuhause, und wenn ich an einem Ort mich nicht verstellen möchte, sondern einmal ich selbst sein, dann in meiner Ehe. Und wenn das nicht möglich ist, will ich wenigstens nicht der Arsch sein, der eine Jungfrau benutzt und verführt. Auch wenn sie nicht weiß, was sie will oder nicht will und nicht in der Lage ist, Grenzen zu ziehen oder zu respektieren. Wenigstens ihre erste Erfahrung sollte nicht auf einer Lüge basieren. Wenn sie sich später einfach nur der Pflicht hingeben möchte, weil sie weiß, was auf sie zukommt und wie es ist, dann ist das eine Sache. Oder aus tatsächlicher Lust, was ich bevorzugen würde. Aber ich habe kein Interesse daran, derjenige zu sein, der sie dazu bringt und überredet.“ So eine Art von Mensch war Leander einfach nicht und wollte er auch nicht sein.
Er stand auf, um sich etwas zu trinken einzuschenken. Nach den schweißtreibenden Aktionen der letzten Stunden brauchte er etwas Flüssigkeit. “Ich werde mit ihr verheiratet bleiben, solange sich nichts anderes ergibt. Hier hat sie ein gutes und sicheres Zuhause, und ich denke das ist ein gerechter Handel für uns beide. Und vielleicht wird sie in dieser Zeit ja auch erwachsen oder entdeckt ihre eigene Leidenschaft oder… keine Ahnung, steht vielleicht wirklich auf mich und tut nicht nur so, weil sich das so gehört.“ Er trank in gierigen Zügen und setzte den Becher schließlich wieder ab. Das ganze Thema war fürchterlich frustrierend.
“Fürs Erste muss ich nur eine Lösung für die Schlafsituation finden Ich habe keine Lust, dich immer hier auf dem harten Boden zu nehmen. Bis Seneca gestorben ist, muss da eine bessere Lösung her. Vielleicht müssen wir die Zimmer noch einmal umdisponieren.“
Dies klang nach einem Plan und war etwas, worauf Leander konstruktive Energien lenken konnte. Er suchte seine Tunika, um sich wieder anzuziehen und gab Innogen damit zu verstehen, dass sie beide für jetzt erst einmal fertig waren. Also zog auch sie sich an, hob noch schnell die Wachstafeln und Papiere auf, die durch ihre Aktionen auf dem Boden gelandet waren, und ging dann wieder, um den grübelnden Leander erst einmal allein zu lassen.
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