RE: Einfach nur weg
Ich hielt wohlweislich die Klappe, als sie weiterhin von ihrem Vater schwärmte. Wenn es ihr den Mut gab, weiter zu laufen, dann musste ich jetzt nicht heute das Arschloch sein, das alles kaputt machte. Auch wenn ich wirklich nicht glaubte, dass ihr Wunsch in Erfüllung gehen würde. Römer funktionierten nicht so. Selbst die netten nicht. Wenn ihr Vater sich für sie interessiert hätte, hätte er schon längst Kontakt aufgenommen. Also war er entweder tot, oder aber wollte schlicht keine keltische Tochter haben. Warum auch sich ein Kind ans Bein binden, das nicht mal ein Sohn war? Nein, ich glaubte da wirklich nicht an ein glückliches Ende und verkniff mir auch die Bemerkung, dass sie also einen alten Mann nicht heiraten wollte, einen anderen alten Mann aber schon versorgen wollte. Nope, alles wenig nette Sachen, die ich nicht sagte, nur dachte.
Und dann passierte etwas sehr komisches, und ich verstand gleich mehrere Sachen gar nicht. Catia wischte sich über die Stirn und die Warzen fielen runter und hinterließen nur ein paar Flecken, und sie verkündete, dass sie gar nicht entstellt sei. WARUM? Warum verkleidete sie sich erst, nur um dann einem wildfremden Kerl zu offenbaren, dass es eine Verkleidung war?! Warum erzählte sie mir das?! Ich schaute sie wohl an wie eine Kuh bei Donner, denn ich verstand wirklich überhaupt nicht, was grade passierte und warum sie das machte.
“Ich bin aber nicht nett“, sagte ich vielleicht etwas schroff und deutlich überfordert zu ihrer Vorstellung und stapfte einfach verwirrt weiter zu unserem Rastplatz. Aber ernsthaft, ich verstand das überhaupt gar nicht. Nach fünf Tagen, einer gemeinsamen Jagd und vielleicht etwas Sex hätte ich es verstanden, aber einfach so nach ein paar Stunden Fußmarsch? Ich verstand die Frau nicht.
Sie fragte, ob das hier Feenland sei, während ich das Loch für das Feuer aushob, und ich lachte leicht und schüttelte den Kopf. “Alles Land gehört den Fey. Aber sie haben nichts dagegen, wenn hier jemand schläft“, meinte ich nur, und ja, ich hatte hier schon früher mal geschlafen. Allerdings taten mir die Feen und Kobolde auch vielleicht nichts, weil ich zumindest formal Druide war. Keine Ahnung, aber ich glaubte einfach nicht, dass sie Catia etwas tun würden, auch wenn sie seltsam war.
Und sie wühlte auch deutlich mehr in meinen Sachen, als ich gedacht hatte, und packte alles aus. Weshalb ich, als das Loch fertig war, wieder zu meinem Pferd ging und alles wieder verräumte, wo es hingehörte. “Es war niemand hinter mir her.“ Niemand lebendiges zumindest. Nur meine eigenen Gedanken. “Und ich diene niemandem, falls das die Frage war“, ergänzte ich noch, ohne jetzt genau zu sagen, ob ich Krieger oder Pferdeknecht war. Im Grunde genommen war ich gar nichts so wirklich.
Sie machte Feuer und meinte, die paar Streifen Trockenfleisch und Dörrobst wären ein festessen. Offenbar hatte sie noch Getreide dabei, von dem ich nichts hatte. Ich hätte mehr mitnehmen sollen, denn die Stute hatte Hunger und stupste mich dementsprechend auch an. “Ich weiß, Brauner“, sagte ich und streichelte sie beruhigend. “Morgen gibt es Hafer, versprochen“, sagte ich und suchte mein Messer raus, um ihr die Hufe auszukratzen, damit sich keine Steine in den Hufen festtraten. “Mein Brauner würde sich über ein bisschen Getreide freuen, ich hab keins mehr dabei. Falls du eine Hand voll erübrigen kannst.“ Das wäre zwar auch viel zu wenig für ein Pferd, aber immerhin mehr als die kargen Grashalme hier in der Umgebung.
Ich war dann auch mit den Hufen fertig und klopfte meiner Stute nochmal aufmunternd auf die Flanke, ehe ich zu Catia rüberschaute. So wirklich schlau aus ihr wurde ich wirklich, wirklich, wirklich nicht. Aber dass ihr etwas kalt war, sah ich. Ein unruhiges Gefühl machte sich in mir breit.
“Iss ruhig ein bisschen was. Ich… leg noch ein paar Schlingen aus, vielleicht haben wir dann für Morgen ein Kaninchen.“ Außerdem brauchte ich ein paar Augenblicke für mich allein, um den Kopf klar zu kriegen.
Falke
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