“Sie hat wohl eher mein Pfeifen gehört“, meinte ich leicht amüsiert, als Catia meinte, ich hätte das Pferd herbeigewünscht, obwohl sie mich ja zwei Mal laut pfeifen hören hatte. Mit wünschen oder Magie hatte das wirklich sehr wenig zu tun.
Sie trat also zu meinem Braunen, und ich passte ein bisschen auf, dass sie wirklich in Ruhe streicheln konnte. Sie sah glücklich dabei aus, was sie hübscher machte.
“Mein Brauner ist sehr lieb. Und wenn du ihr Möhren zusteckst, noch mehr.“ Ich klopfte dem Tier seitlich etwas auf den Hals und suchte mit meinen Fingern halt am Rist der Mähne, so dass ich mich nicht mehr auf Catia stützen musste und sie in Ruhe… naja, streicheln konnte.
Sie fing dann auch an, zu reden, und jetzt war es wohl wieder einmal an mir, ziemlich dumm aus der Wäsche zu gucken. Ich starrte sie wahrscheinlich grade ziemlich an, aber ich konnte nicht anders. Sie glaubten, dass sie nie einen Mann finden würde, nur weil sie die Warzen hatte? Das war…. gemein! Und dumm, und unfair und…. es ärgerte mich, dass die Leute so über eine junge Frau dachten, die mutig genug war, einen verletzten am Straßenrand aufzugabeln und mit ihm bis zu ihrer Reisegruppe gehumpelt wäre, wenn es hätte sein müssen. Nein, das war gemein.
“Deine Reisegruppe besteht aus Idioten. Du bist stark und mutig und freundlich und hilfsbereit, und das zählt mehr als so ein paar Warzen. Ich weiß, die meisten Leute suchen nur nach einem hübschen Gesicht, einem starken Arm oder einem hübschen Hintern, aber so einen Ehemann willst du gar nicht, glaub mir. Und wenn sich ein Mann, der dich will, sich nicht mal die Mühe macht, all die tollen Sachen an dir kennen zu lernen, dann hat er auch gar nicht verdient, sie zu bekommen.“ Ja, ich musste gerade schimpfen. Aber es war mir ernst. Catia sollte ja nicht glauben, was diese dummen Leute sagten. Der richtige würde schon kommen, und dem würden die Warzen dann auch egal sein.
Reiten konnte sie nicht, wahrscheinlich war ihre Familie nicht so reich, dass sie ein Pferd unterhalten konnten. Denn nach wie vor war das in unserer Welt ein Statussymbol für die reichere Hälfte der Bevölkerung. Die einfachen Leute und die Unfreien, die hatten eher einen Esel, wenn überhaupt irgendwas. Aber sie traute sich zu, auf dem Pferd sitzen zu bleiben, ohne runterzufallen.
Ich ging also immer mit einer Hand zur Sicherheit am Pferd bis zum Sattel und holte einmal tief Luft. Mir war zwar etwas wackelig, aber kraft sollte ich haben, mich wie gewohnt auf den Pferderücken zu schwingen. Ganz ehrlich, wenn das nicht klappen würde, konnte ich mich mitsamt meinen Minuspunkten auf der Männlichkeitsskala dann wirklich begraben gehen. Ihr packte den sattel also mit beiden Händen extra fest und vollführte die oft geübte Bewegung, um schnell auf den Rücken zu kommen. Mir war zwar ein bisschen übel, aber ich fiel nicht runter. Das war gut.
Ich rutschte also ein klein wenig nach hinten und hielt Catia eine Hand hin, damit ich sie hochziehen konnte. Mit dem Kleid und bei dem Wetter sollte sie besser seitlich sitzen, damit der Wind ihr nicht so unter den Rock pfiff. Wenn wir ihre Gruppe nicht bald fanden, würde es wohl trotzdem frostig für ihre Beine.
Ich zog sie also vor mich aufs Pferd und versuchte, sie gleichzeitig zu stützen, ohne irgendwie dabei aufdringlich zu wirken.
“Tut mir leid“, murmelte ich mehr als einmal, bis sie so saß, dass sie mir nicht gleich vom Pferd rutschen würde und ich meinen Arm so um sie gelegt hatte, dass er nichts irgendwie verfängliches berührte. Naja, abgesehen davon, dass ihr Rücken an meiner Brust war und ihr Hintern… ich sollte nicht an ihren Hintern denken. Ich sollte viel besser an
Iomaint denken. Wann hatte ich das letzte Mal gespielt? Ahja, an Lughnasadh. Tolles Spiel. Hat viel Spaß gemacht. Ein paar tolle Pässe dabei.
Als alles inklusive aller Taschen sicher saß, gab ich meinem Pferd nur ganz leicht die Fersen in die Flanke, und schon trottete die Stute geduldig los. Jetzt hier auf dem weg war das auch einfacher als quer durchs Unterholz. Und so langsam konnte ich auch wieder an die Dinge denken, die Catia gesagt hatte.
“Du hattest nach Iscalis gefragt. Ja, die Stadt ist ziemlich groß. Ich mein, es gibt auch größere, sie ist noch ziemlich neu. Aber ich finde sie schon verdammt groß. Und sicher gibt es Arbeit, auch wenn die Römer für viele Sachen lieber Sklavinnen nehmen. Aber es gibt auch immer wieder mal ein paar nette. Wenn du magst, kann ich dich einer Freundin vorstellen. Sie heißt Peigi und macht eigentlich genau das, was du suchst. Vielleicht kann sie Hilfe brauchen oder weiß was, wo du arbeiten könntest.“