RE: Einfach nur weg
Pferd abgeworfen? Jetzt grinste ich doch nochmal schief. “Pferde lieben mich. Ist lange her, dass ich abgeworfen wurde. Nein, ich bin nicht geritten. Ich….“ Und da war sie dahin, die gute Laune. Ich hörte wieder dieses ohrenbetäubend leise Knacken. Götter, was hatte ich getan? Ich schüttelte den Kopf, um die Bilder loszuwerden.
Nachdem wir uns den Abhang hochgekämpft hatten, den ich wohl ziemlich spektakulär nach unten gedonnert war, und da der Nebel sich langsam etwas lichtete, erkannte ich dann auch, wo ich war. Zumal sie es mir ja quasi sagte. Ich war wohl eine ziemliche Strecke gerannt. Wenn mein Pferd noch bei der Falkenhöhle stand, was ich echt nicht hoffte, dann würde es mich vermutlich nicht hören.
Ich schaute also noch etwas zweifelnd von links nach rechts und überlegte, ob ich es trotzdem einmal versuchen sollte, als sie sich dann auch vorstellte. “Warum nennen sie dich so?“ fragte ich ehrlich verwirrt nach, da ich es nicht verstand. Sie sah jetzt nicht gerade heruntergekommen aus. Also klar, niemand auf einer Reise sah aus wie frisch aus dem Ei gepellt und roch nach Gänseblümchen. Aber ihre Kleidung war ordentlich und warm und soweit ich das gesehen hatte ohne größere Flicken, sie hatte Schuhe an und ihr Haar war ordentlich zusammengebunden und nicht irgendwie struppig. Wieso dachte jemand, sie wäre arm?
Ich beschloss schließlich, es mit dem Pferd einfach mal zu versuchen. So langsam hatte ich auch mein Gleichgewicht wieder – sofern ich nicht rumlief. Ich nahm also Daumen und Mittelfinger meiner rechten Hand in den Mund und pfiff nach meinem Pferd in der bekannten Tonfolge. Dann lauschte ich erst einmal, aber hörte nichts. “Zweiter Versuch“, meinte ich mit einem kleinen, schiefen Grinsen zu ihr und pfiff noch einmal. Wieder lauschen, wieder erst einmal Stille.
Ich beschloss also, dass wir wohl weiter gehen konnten, damit sie nicht den Anschluss an ihre Gruppe ganz verlor. Es war sowieso schon so nett von ihr, dass sie mir half. “Ich arbeite gerade in Iscalis im Mietstall. Also, wenn ich hier nicht im Gebüsch rumliege. Und du willst nach Cheddar, oder noch weiter?“ Auf die Idee, dass sie in eine der römischen Städte wollen könnte, kam ich gar nicht erst. “Leben von dir Verwandte da, die du besuchen willst?“
Ich wollte auf ihre Antwort warten, als ich ein ziemlich vorwurfsvolles Wiehern hörte und den federnden schritt eines schweren Pferdes. Im Wald krachte und raschelte es, und ich machte mit dem Mund Geräusche und stieß weitere Pfiffe auf, bis eine schwarze Stute mit weißer Blesse und einigen Zweigen in der Mähne durchs Unterholz auf den Weg gekracht kam und freudig den Kopf schüttelte, so dass alle meine Sachen auf dem Sattel kurz klimperten. Ich hielt die Hand hoch, so dass sie kommen und ihren Kopf dagegen schmiegen konnte. “He, Brauner“, begrüßte ich sie und erntete noch einmal ein Schnauben, als wolle sie mir vorwerfen, dass ich sie vergessen hatte.
“Das ist Catia, also bitte lieb sein“, stellte ich meinem Pferd meine Begleitung vor. Die spielerisch nach vorne gerichteten Ohren sagten aber sowieso, dass keine Gefahr bestand, dass irgendjemand gebissen oder getreten werden könnte. Die Stute war ein sehr liebes Tier.
“Kannst du reiten?“ fragte ich Catia, denn es würde sicherlich schneller gehen, ihre Reisegruppe wieder zu finden, wenn sie auch aufsitzen konnte. Mein Kopf beklagte sich zwar jetzt schon, aber schneller wäre es.
Falke
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