RE: Auf dem Dach
Von Brans Aufregung und Unruhe konnte Cassia von ihrer Position auf dem Dach natürlich nichts wissen. Was Cassia jedoch bemerkte war, dass sich Bran auf einmal umzublicken begann. Was war denn nur los? Hatte er ein Geräusch gehört? Ein verdächtiges Geräusch etwa? Aber dann hätten die Hunde doch mit Sicherheit schon Laut gegeben. So entwich Cassias Lippen ein tonloses Seufzen, welches Bran mit Sicherheit nicht hören konnte.
“N..Nein. Mein jetziger Herr weiß nichts davon. Solche Gespräche haben wir noch nie geführt. Meistens guckt er mich immer so streng an, da weiß ich dann gar nicht was ich sagen soll.“
Antwortete Cassia auf die Worte des jungen Bran und blickte weiterhin zu diesem hinab. Zwar war es etwas beschwerlich sich auf diesem Wege zu unterhalten. Aber irgendwie fand es Cassia auch ganz lustig und solange Bran an Ort und Stelle blieb, nämlich genau da wo er jetzt auch stand, würde Cassia auch nicht vom Dach verschwinden. Vergessen war die Kontrolle des Kamins, zumindest für diesen Moment. Denn da war Brans Gegenwart eindeutig wichtiger. Zumindest für die junge Sklavin.
Als Bran erklärte, dass er eine Möglichkeit finden würde, um zu ihr auf das Dach zu gelangen, wurden Cassias Augen groß wie Untertassen. Wie sollte Bran denn dies schaffen? Außer ihm wuchsen Flügel, die ihn zu ihr empor tragen könnten.
“Bran? Was hast du vor? Braaaaaaaaaan…?“
Nun schrie Cassia regelrecht, als sie beobachten konnte, wie sich Bran in Bewegung setzte. Die Gasse entlang lief und schließlich aus ihrem Sichtfeld verschwand.
“Braaaaaan…“
Hallte abermals Cassias Stimmlein vom Dach hernieder, doch der Junge war verschwunden. Wie vom Erdboden verschluckt. Zumindest konnte ihn die junge Sklavin nirgends erblicken. Und diese Tatsache ängstigte Cassia dann doch schon sehr. Da war das erneute Bellen der Hunde gar nicht förderlich für die ängstliche Sklavin, deren große Augen durch die Gasse huschten. Doch von Bran war weit und breit nichts zu sehen. Oder doch? Hatte sie da nicht gerade ein Geräusch vernommen? Ein sich näherndes Geräusch? B r a n? Und tatsächlich, der junge Sklave turnte auf einem der gegenüberliegenden Häuserdächer herum. So dass sich Cassia ihre Hände gegen die Lippen presste und den claudischen Sklaven anstarrte.
“Bran .. nicht…“
Versuchte Cassia an das Verständnis des Sklaven zu appellieren. Doch wohl zu spät, denn Bran nahm bereits Anlauf und Cassia blieb beinahe das Herz stehen, als Brans Hände ins Leere griffen.
“B R AAAAA N!
Nun schrie Cassia regelrecht den Namen des claudischen Sklaven und starrte den Fünfzehnjährigen mit tränenfeuchten Augen an. Wie in Zeitlupe nämlich konnte sich Bran dann doch an einem der Dachsparren festhalten, während es nun Cassia war die sich über den Rand des Dachs beugte, und nach Brans Handgelenk zu greifen versuchte. Dieses schließlich umklammerte, um den Sklaven zurück auf das Dach zu ziehen. Es gelang es ihr tatsächlich, doch erst nach einigen Anstrengungen. Als Bran schließlich neben ihr auf dem Dach lag, schlang Cassia ihre Arme um den Tollpatsch und drückte Bran fest an sich.
“Mach so etwas nie wieder. Nie, nie, nie, nie wieder.“
Beschwor ihn Cassia und errötete dann sichtlich, als sie auch schon ruckartig zurückwich und ihre Arme von Brans Hals löste.
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