RE: Einfach nur weg
Ohnmächtig sein war eine Gnade. So konnte ich nicht mehr darüber nachdenken, was ich getan hatte, ganz zu schweigen von dem, was ich denn jetzt, nachdem ich es getan hatte, tun sollte. Irgendwann würde jemand Cathbad vermissen. Oder zumindest ihn suchen. Oder einfach so über ihn stolpern und ihn finden. Und ich hatte wirklich nicht den Hauch einer Ahnung, was ich in dann tun sollte. Aber glücklicherweise musste ich darüber nicht nachdenken, während ich ohnmächtig war.
Unglücklicherweise aber blieb ich nicht ohnmächtig. Mein Überlebensinstinkt weckte mich ziemlich jäh, als er ein drohendes Ertrinken feststellte und Gegenmaßnahmen am besten im Wachzustand ergriffen werden konnten. Oder anders: Ich riss die Augen auf und hustete und japste nach Lust, während ich unkontrolliert mit den Armen ruderte, bis ich ungefähr eine Sekunde später merkte, dass ich gar nicht in einen Fluss gefallen war, sondern auf dem Boden mittlerweile saß und nass im Gesicht war. Warum war ich nass im Gesicht?
Ich blickte auf und vor mir stand ein Mädchen. Oder eher junge Frau. So mein Alter. Rote Haare, dunkle… oh, dunkle Augen. Dunkler noch als meine. Meine waren eher ein helles braun, fast schon ins gelbliche gehend, ihre waren ein richtig kräftiger Braunton. Ungewöhnlich, aber hübsch. Also, wenn ich gerade Zeit hätte, sowas zu bemerken. In ihrem Gesicht waren einige, schlimm aussehende Warzen. Und ich merkte, dass ich sie erschrocken und noch immer schnell atmend anstarrte, was sie sicher auf die Warzen beziehen würde.
“Tut mir leid“, sagte ich reflexartig und sah mich um, wo ich war. Und ich hatte keine Ahnung. Also im Wald, offensichtlich, auf meinem Hosenboden, ebenso offensichtlich. Aber wo genau? Der langsam abflauende Nebel half nicht unbedingt. Und ich war mir auch nicht ganz sicher, ob das hier echt war. Ich sah noch einmal zu ihr und überlegte schon, ob ich die Notfall-Kiesel, die ich wie jeder gute Kelte in einem kleinen Beutel am Gürtel trug, streuen sollte, um zu schauen, ob sie sie zählte. Ich war mir zwar nicht sicher, ob Fey auch Warzen hatten, aber man konnte da nie sicher sein. Dann sah ich aber ihre Hand, die ein Messer umklammert hielt, und die hatte zumindest fünf Finger. Wobei ich mich mehr auf das Messer fixierte. “Wenn du mich ausrauben willst, ich hab nichts bei mir, tut mir leid. Und ich möchte dir auch wirklich nicht weh tun.“ Der letzte Teil war vor allen Dingen für den Fall wichtig, dass sie mich angreifen wollte. Ich würde mich natürlich wehren, in der Schlacht war ein Messer ein Messer, egal, wer es führte. Aber ich würde ihr wirklich ungern dabei weh tun, das sollte sie wissen.
Falke
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