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[Norbana Orestilla]

Ich hörte Nicander aufmerksam zu, während er sprach. Seine Worte waren so voll von Bildern und Anspielungen, dass ich für einen Moment vergaß, wie ernst mein Anliegen eigentlich war. Dennoch bemerkte ich den kurzen Moment, in dem sein Blick auf mir verweilte – oder vielmehr auf einem Teil von mir. Meine Wangen wurden heiß, doch ich tat, als hätte ich nichts bemerkt.

Die Dinge, die er vorschlug – Leanders Vorlieben zu studieren, ihn mit Kleinigkeiten zu erfreuen, geduldig und aufmerksam zu sein – klangen vernünftig, fast wie Ratschläge aus einem Lehrbuch für Ehefrauen. Doch als er von Sklaven sprach, von syrischen Dienern und germanischen Barbarinnen, hob ich eine Braue. "Nicander", unterbrach ich ihn sanft, "ich glaube nicht, dass ich ihm solche Geschenke machen werde." Meine Stimme war ruhig, aber bestimmt. Ich wollte nicht, dass meine Ehe zu einem Handel wurde, in dem ich seinen Wünschen immerzu nachjagen musste. Außerdem wollte ich ihm gewiss nicht die Konkurenz ins Haus holen.
 
Als Nicander Leanders Vergangenheit als Sklave erwähnte, musste ich kurz innehalten. Natürlich wusste ich, dass mein zukünftiger Ehemann ein Freigelassener war. Doch Nicanders Vergleich – der Durst des Tantalos, die unterdrückten Leidenschaften eines Menschen, der nie wirklich frei gewesen war – ließ mich Leander in einem neuen Licht sehen.
"Du meinst also, dass er all das – die Zurückhaltung, die Nüchternheit – aus seiner Zeit als Sklave mit sich trägt?" fragte ich zögernd. Ich spielte nervös mit dem Saum meines Ärmels. "Vielleicht... vielleicht ist er wirklich so, weil er nie gelernt hat, anders zu sein."
Meine Gedanken begannen zu rasen. Was, wenn ich Leanders Leidenschaft nicht erwecken konnte, weil sie tief vergraben lag? Oder schlimmer noch, was, wenn er sich bewusst dafür entschieden hatte, seine Gefühle hinter einer Mauer zu verschließen? Nein, nein! Ich würde Nicanders Ratschläge einfach befolgen! Dann kam sicher alles von selbst.

"Du hast recht," sagte ich schließlich. "Ich werde beobachten, zuhören und lernen, was ihm wichtig ist," sagte ich entschlossen und sah Nicander an, seine unverhohlene Bewunderung in den Augen, die mich immer ein wenig verlegen machte. Doch dann ergriff ich seine Hand. "Ach Nicander", sagte ich leise, aber eindringlich, "Du bist ein Freund, wie ich ihn mir nur wünschen könnte. Deine Ratschläge, deine Geschichten, sie bedeuten mir so viel. Aber was ich wirklich will, ist zu verstehen, wie ich Leanders Herz erreichen kann. Ich will ihn nicht nur mit Mandeln und Parfüm beeindrucken. Ich will, dass er sich traut, mir sein wahres Selbst zu zeigen."
Ich zögerte. "Nicander... meinst du, ich kann das schaffen?"