RE: Eine der kleinen, regelmäßigen Feiern im Statthalterpalast
Lucius Petilius Rufus malträtierte seinen Lederball hinter seinem Rücken.
Der Aedil von Londinium war für seinen Geschmack viel zu betont freundlich und extrem viel zu neugierig und bemüht charmant, als dass er als angenehm empfunden werden konnte. So in etwa wie ein Biga-Verkäufer. Rufus konnte ihn nicht leiden, aber leider verfolgte der Mann ihn ziemlich penetrant, bis Rufus seinem treuen Freigelassenen Pertax einen Wink gab und dieser den Mann in ein längeres Gespräch verwickelte.
Befreit atmete Rufus einmal durch, lächelte politikerhaft in die Runde und beschloss, dass es eine grandiose Zeit wäre, um zur Latrina zu gehen in der Hoffnung, nicht auch dort in ein Gespräch verwickelt zu werden. Er hatte zwar nicht grundsätzlich Einwände gegen gemeinschaftliches Defäkieren, aber im Moment brauchte er einen Moment der Ablenkung von der geistzersetzenden Wirkung des Aedils.
Er machte also gerade zwei Schritte in Richtung der relativen Abgeschiedenheit, als ihm eine junge Dame in einem roten Kleid in den Weg trat, so dass er sie beinahe berührt hätte. “Oh, Verzeihung“ entschuldigte er sich für den Misstritt und überlegte, wer da vor ihm stand. Pertax ging mit ihm zwar die abendlichen Gästelisten durch, aber das Augenmerk lag weit mehr auf den Herren als auf den Damen, die meistens nur das Beiwerk eines Herren waren und üblicherweise in dessen Gesellschaft. Hier aber war kein eifriger Begleiter, der die Ablenkung nutzte, um ins Gespräch zu kommen, sondern nur die junge Dame, die eine ziemlich deutliche Schwangerschaft zur Schau trug. Er überlegte, welcher seiner Gäste denn ein Kind erwartete. Sie kam ihm vage bekannt vor, Wo war der Nomenclator, wenn man ihn brauchte?
“Genießt du den Abend?“ fragte er also ohne persönliche Anrede und hielt seine Hände weiterhin hinter dem Rücken leicht verschränkt, damit er den Lederball kneten konnte. Vielleicht fiel ihm ihr Name ja ein, wenn er sie sprechen hörte. Vielleicht deutete sie auch gleich auf einen Mann als ihren Begleiter oder dergleichen.
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