RE: Empfang der Verlobten
Der Besuch hatte leider die Wirkung, die Leander befürchtet hatte. Natürlich könnte er ihr nochmals versichern, dass sie nur wenig Berührungspunkte mit Plautius Seneca zu haben brauchte und keine Angst zu haben brauchte und überhaupt, es nur eine Frage der Zeit war, bis das Problem sich von selbst auf natürliche Weise erledigt hatte, aber Leander glaubte zum einen nicht, dass das etwas nützen würde, und zum anderen war ein klein wenig Resilienz durchaus etwas, das er von einer Ehefrau eigentlich erwartete.
“Er wird sich nicht ändern. Und wie ich bereits sagte, es ist ein ziemlich sicherer Weg, unglücklich zu werden, das eigene Glück von der Zuneigung Dritter abhängig zu machen“, meinte Leander sanft, wohl wissend, dass Orestilla selbiges gerade sehr stark tat.
Als sie gehen wollte, nickte er. Natürlich hätte er sich gewünscht, dass der Besuch heute anders verlaufen wäre. Angefangen dabei, dass sie körperliche Anziehung ihm gegenüber empfinden möge und ihn wenigstens hätte küssen wollen, über die vielen Unsicherheiten hinweg bis hin zu Seneca, der so ruppig wie eben immer gewesen war. Allerdings war es nun einmal so, wie es war, und Leander war niemand, der Realitäten verleugnete.
Dennoch war er entschlossen, diese Ehe einzugehen, wenngleich er durch diesen Tag heute erhebliche Zweifel daran hatte, dass sie lange halten würde. Aber er hatte Orestilla sein Wort gegeben, ihr zu helfen, und das würde diese Ehe für sie ermöglichen. Und vielleicht täuschte ja sein Eindruck über ihr unsicheres Verhalten ja auch und es war nur Nervosität, weil sie einander nicht gut kannten. Man würde sehen. Allerdings war ihm auch bewusst, dass es nicht ganz unwahrscheinlich war, dass sie nun davon Abstand nehmen würde, weil sie doch zu romantisch verklärte Vorstellungen hatte. Deshalb sagte er: “Natürlich. Ich lasse deine Sklaven rufen, damit sie sich dir anschließen können.“
Es dauerte auch nicht lange, eben das zu tun, denn so groß war das Haus ja nicht. “Ich hoffe sehr, dich morgen immer noch in der Curia zu treffen. Sollten aber andere Umstände dazu führen, dass du nicht kommen kannst, sende ruhig einen Boten. Ich verstehe es in diesem Fall auch ohne persönliche Erklärung“, bot er ihr einen Ausweg an, der in erster Linie ein hysterisches Auftreten vor dem Duumvir auch verhindern sollte, mit dem sie sich selbst in Anbetracht dessen, dass dieser Mann ihr Vormund bis auf weiteres war, keinen Gefallen tun würde.
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