RE: Empfang der Verlobten
Ich fühlte mich, als würde der Boden unter mir schwanken. Leanders Vater schien mich mit seinen ungeduldigen Worten und dem grummelnden Ton geradezu durchzuschütteln. Dann überkam mich auch noch der Ekel, als sein heftiger Husten einen graugelben Schleim hervorbrachte, den er in ein Tuch wischte, das ihm eine Sklavin gereicht hatte. Dieser körperliche Verfall, den er so trotzig zur Schau trug, gemischt mit seiner Verwirrung über die Realität, berührte mich auf eine Weise, die ich nicht hatte voraussehen können.
Ich bemühte mich, meine Fassung zu bewahren, doch mein Lächeln wurde etwas unsicherer, als er mich mit einem kritischen Blick musterte und von meiner angeblichen Dünne sprach. Fast automatisch verschränkte ich die Arme vor meinem Körper, als könnte das seine Einschätzung irgendwie mildern.
Er machte auch mir gegenüber wirklich kein Geheimnis daraus, dass er keinen Besuch mochte. Ich musste mir eingestehen, dass ich mich wohl noch besser auf seine ruppige Art einstellen müsste. Doch nun mischte sich neben dem Ekel eine Spur von Mitleid in mein Empfinden. Er sprach von seiner Frau, als wäre sie nur einen Raum weiter. Auch Leander kam nicht ungeschoren davon. Doch bei seinem leicht hämischen Lachen konnte ich auch ein leises Kichern nicht ganz unterdrücken. Immerhin schien er Humor zu besitzen, wenn auch in einer Form, die für mich noch gewöhnungsbedürftig war.
"Ich verstehe" sagte ich mit einem schüchternen Lächeln. "Ich verspreche, dass ich mich nicht allzu oft hier blicken lassen werde, werter Plautius Seneca. Aber vielleicht…" Ich suchte nach den richtigen Worten und sah dabei kurz zu Leander, "vielleicht könnte es dir ja irgendwann gefallen, wenn ich ein wenig Zeit mit dir verbringe. Vielleicht bei einem Becher verdünnten Wein?" Ich hoffte, dass die Aussicht auf eine kleine Geste der Höflichkeit ihm ein wenig gefallen könnte.
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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