RE: Speisezimmer (Triclinium)
Ich fühlte mich, als wäre ich bei Sturm unter Wasser geraten. Alles um mich herum dröhnte und drückte mich tief in eine unbekannte Schwärze, die verheißungsvoll verkündete, dass ich bei ihr nichts mehr fühlen und nichts mehr denken musste. Aber ich dachte noch, und ich fühlte noch, und es tat weh. Ich war neunzehn Jahre alt und hatte nie gelebt und würde nie leben, und das tat weh. Alles, was ich liebte, war dazu verdammt, zu sterben und unterzugehen, und das tat weh. Und ich konnte absolut nichts dagegen machen. Alles, was ich getan hatte, war nur immer und immer wieder vergebens gewesen, und all das zog mich nur immer tiefer hinab unter Wasser, bis ich drohte, zu ersticken.
Ich merkte gar nicht wirklich, wie Peigi an mir herumzerrte. Irgendwann hatte sie mich soweit, dass ich auf die Füße taumelte und sie mich irgendwo hinsetzte. Sie wollte mich hinlegen, aber ich wankte nur und blieb sitzen, also warf sie mir so Decken um die Schultern. Ich merkte es erst, als sie meinen Kopf zu sich zog und ihn streichelte auf eine Art, von der ich nicht einmal mehr wusste, ob meine Mutter es so bei mir als Kind gemacht hatte. Ich konnte mich an keine einzige Zeit erinnern, dass mich jemals jemand so in den Arm genommen und getröstet hatte und mich beschützen wollte, nicht umgekehrt. Und das brachte mich für einen Moment nur viel stärker zum heulen, auch wenn ich meine eigene Schwäche verachtete. Irgendwie musste ich dabei dann wohl doch zur Seite gekippt sein, denn das nächste Mal, dass ich Luft holte, lag mein Kopf auf ihrem Schoß und ich zusammengekrümmt auf der Seite. Ich wollte aufstehen und ihr meinen Anblick ersparen. Wollte wieder stark sein und weiter kämpfen, wie ich immer weiter kämpfte, egal wie aussichtslos die Schlacht war. Ich schloss die Augen, um mich wieder daran zu erinnern, wer ich war und was ich sein musste. Aber alles, was ich sah, war ein kleiner, struppiger Fuchs, der auf einer spiegelglatten Wasseroberfläche saß und sich das Fell vom Wind zerzausen ließ. Kein großer Krieger. Niemand, der beschützen konnte. Nur ein kleines, zerbrechliches Wesen.
“Ich bin Druide, Peigi“, sagte ich, weiter liegend. Und sollte sie mich doch verraten und zu einem grausamen Tod dafür verdammen, dass ich das zugab. Meine Stimme war kratzig von den Tränen und ich hatte keine Kraft mehr, zu kämpfen. Sollte die Morrigan mich doch holen und mir die Augen herauspicken. Ich hoffte, sie fraß meine ganze Seele dabei auf, damit sie nicht wiedergeboren werden würde. Dann wäre es wenigstens vorbei.
Falke
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