RE: Empfang der Verlobten
Ich sah Leander an und konnte nicht anders, als sein Lächeln zu erwidern, als er mich fragte, ob das Essen meinen Geschmack traf. Das Mittagsmahl fiel hier wohl normalerweise einfacher aus, und bestand meist aus den Resten des Vorabends, was durchaus eine vernünftige und wirtschaftliche Lösung war, wie ich fand. Doch heute, meinem Besuch zuliebe, hatte er die Speisekammer etwas plündern lassen, wie er sagte. Dass er sich diese Mühe gemacht hatte, beruhigte mich. Seine Sorge um mein Wohlbefinden mag nüchtern und sachlich gewesen sein, doch sie zeigte mir, dass ich ihm keineswegs gleichgültig war.
"Oh ja, es schmeckt sehr gut, danke. Besonders der Schinken ist köstlich," antwortete ich und nahm einen weiteren Bissen vom Brot mit Schinken. Es tat gut, etwas zu essen, und schaffte eine kleine Ablenkung von der Unsicherheit, die mich immer noch ein wenig innerlich bewegte. "Dürfte ich bitte noch etwas von den Beeren haben?" fragte ich, mehr an Leander gewandt als an Morwen, die uns bediente.
Während ich aß, fragte ich mich, wie Leander sich wohl mein Leben in seinem Haus vorstellte. Als seine Ehefrau würde ich für den Haushalt verantwortlich sein – eine Aufgabe, die mich mit Stolz erfüllte, auch wenn ich mir nicht sicher war, ob ich seinen Erwartungen immer gerecht werden könnte. Ich dachte an meine Mutter, die in meinem Elternhaus über die Vorräte und die Sklaven mit einer ruhigen Autorität wachte, die ich hoffte, eines Tages ebenfalls zu erlangen.
Leander sprach weiter, und als er meinte, meine Abhängigkeit von Anerkennung sei verständlich – ich sei eben anders aufgewachsen und schließlich eine Frau – merkte ich, wie ich unauffällig schluckte. Seine Worte klangen fast, als sähe er darin eine Schwäche. Doch sie verletzten mich nicht, vielmehr brachten sie mir den Unterschied zwischen uns einmal mehr ins Bewusstsein. Im Gegensatz zu ihm, hatte die ungeteilte Aufmerksamkeit meiner Mutter genossen, während er als Sklave aufgewachsen war und darauf angewiesen, seinem Herrn zu gefallen.
Dass unsere Hochzeit durch das Weben meiner tunica recta verzögert werden könnte, gefiel ihm nicht sonderlich. Seine Gründe für eine baldige Heirat klangen fast schon kühl und berechnend. Auch wenn er versuchte, sie mir zu erklären, regte sich ein leises Bedauern in mir. Natürlich wollte er mich absichern, für mich sorgen – und doch ließ der Gedanke, dass unsere Ehe lediglich eine Zweckverbindung sein könnte, mich zögern. Vielleicht war ich wirklich ein naives Mädchen, das sich nach ein wenig mehr sehnte als nur nach Pflichtgefühl und Sicherheit.
Doch je länger ich seinen Argumenten folgte , desto klarer wurde mir, dass er recht hatte. Eine baldige Heirat würde mir die Last nehmen, die Versorgung meiner Sklaven allein tragen zu müssen. Mit ihm an meiner Seite hätte ich die nötige Sicherheit, die ich gerade jetzt so dringend brauchte. Meine Mittel reichten nicht, um die Hochzeit lange hinauszuzögern. Wir sparten bereits, und ich wusste, dass ich es mir einfach nicht leisten konnte, die Entscheidung aufzuschieben.
Ich atmete tief ein und hob den Blick, um Leander direkt in die Augen zu sehen. "Ich… ich verstehe, Leander. Du hast recht. Eine baldige Hochzeit wäre klug, vor allem in Anbetracht meiner Situation." Ich ließ mir einen Moment Zeit, meine Gedanken zu ordnen. "Ich habe die Verantwortung für meine Sklaven, und eine Ehe würde mir vieles erleichtern. Vielleicht sollten wir dann schon in den kommenden Tagen heiraten?"
Vormund: C. Numonius Pusinnus, Duumvir von Iscalis (NSC)
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