RE: Empfang der Verlobten
Es beruhigte Leander ein wenig, dass sie sich nun traute, auch etwas zu essen. Sie schien doch recht schüchtern zu sein und versucht, es allen recht zu machen. Das fand er an sich gar nicht einmal so unattraktiv – und erneut war er um die räumliche Distanz zwischen ihnen ganz dankbar – war aber in diesem Fall nicht nötig. “Ich hoffe, das Essen trifft deinen Geschmack? Ich habe die Köchin gebeten, anstelle der üblichen Reste vom Vorabend lieber ein wenig die Speisekammer zu plündern für den besonderen Anlass“ fragte Leander einmal nach, auch um ein wenig herauszufinden, wie sie sich diesen Lebensbereich zukünftig so vorstellte. Als seine Ehefrau würde sie den Schlüssel zu den Vorräten erhalten und deren Übersicht wäre ihre Domäne, die Köchin wäre ihr direkt unterstellt.
Als sie meinte, seine Einstellung zu Anerkennung sei für sie schwer vorstellbar, machte Leander sich eine geistige Notiz, sie in regelmäßigen Abständen für gute Erfüllung ihrer Rolle zu loben. Wenn dies der Ehe zuträglich war und sie glücklich machte, war das nun kein großer Aufwand für ihn. “Nun, du bist anders aufgewachsen als ich, mit anderen Aussichten, und du bist eine Frau“, meinte er nicht abwertend, sondern nur als sehr verständliche Gründe, warum sie da emotional abhängiger war. Es war auch das Privileg von Frauen, emotionaler zu sein, ja gewissermaßen auch gesellschaftliche Erwartung.
Dann geschah etwas, das Leander nicht ganz einordnen konnte. Sie klang nicht so, als wolle sie bald heiraten, würde es aber eher aus der Not heraus tun. Natürlich wollte, nein, musste er bald heiraten. Wenn sein Vater wirklich diesen Winter starb und er konnte keine schwangere Ehefrau vorweisen, bekam er eine Menge Unannehmlichkeiten bezüglich des Erbes. Zwar hatte er ein Jahr Zeit, die notwendigen Voraussetzungen zu schaffen, aber er wollte es lieber vollbringen, ohne sich mit den Behörden herumzuärgern, die eine fette Steuereinnahme witterten.
Aber er war sich nicht sicher, ob dies ein guter Start für ihre Ehe wäre. Daher versuchte er es mit etwas logischer Überzeugung. “Ich kann und will dich zu nichts zwingen, Orestilla. Natürlich habe ich ein Interesse daran, zu heiraten, ehe mein Vater stirbt, das möchte ich nicht verleugnen. Aber ich möchte nicht, dass du dich da gezwungen fühlst. Ich dachte nur, dass es auch für dich von Vorteil wäre, da ich nach der Ehe für dich und deine Sklaven als Mitglieder meines Haushaltes Sorge tragen kann. Bis dahin müsstest du allein für die Versorgung deiner Sklaven aufkommen. Als deine Mitgift hingegen wären das meine Obliegenheit. Ich wollte dir Sorgen nehmen, nicht welche bereiten.“
Er hoffte, dass sie das überzeugte, so dass sie mit mehr Überzeugung einer baldigen Hochzeit zustimmte und nicht wie ein Lamm, das zum Opferaltar schritt.
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