RE: Angebot und Nachfrage
Eigentlich war ich nicht sehr erpicht darauf, in Iscalis zu sein. Es gab einfach zu viele schlechte Erinnerungen hier, die leider die schöneren überwogen. Doch ab und an führte kein Weg daran vorbei. Seit der Brunneneinweihung war mein Bekanntheitsgrad noch gestiegen. Nun kannten mich auch die weniger begüterten Bewohner der Stadt. Was natürlich nicht hieß, dass sie jetzt bei mir Schlange standen. Doch hin und wieder suchte man mich für kleinere und profanere Arbeiten auf. Statt der Bronzestatue fürs Atrium waren es hier dann eher neue Kessel, Werkzeuge, manchmal vielleicht auch kleine Götterfigürchen oder schlicht und ergreifend nur Reparaturen. Für Letztere schickte ich meist einen meiner Gehilfen los. Doch hin und wieder musste ich mich selbst auf den Weg in die Stadt machen. Die meisten meiner römischen Kunden hatten sich an meinen Aufzug gewöhnt. Nur weil ich mit Römern verkehrte, verzichtete ich nicht auf meine Hosen, die zumeist aus kariertem Stoff oder auch gegerbtem Leder gefertigt waren. Auch verzichtete ich auf einen römischen Kurzhaarschnitt. Das würde Deirdre sicher gar nicht gefallen - und mir auch nicht.
Heute war so ein Tag, an dem ich selbst nach Iscalis geritten war. Am Morgen hatte ich einige Aufträge ausgeliefert und mich danach noch einer Reparatur gewidmet. Nun war noch etwas Zeit, bevor ich wieder nach Cheddar zurückkehrte. Die nutzte ich gerne auf dem Markt, denn manchmal fand man dort nützliche Dinge, die es im Dorf nicht gab. Außerdem freute ich mich immer, wenn ich für Deirdre etwas Schönes fand. So schlenderte ich eine Weile über den Markt, blieb hin und wieder an einem der Stände stehen, um mir etwas genauer anzuschauen, und lief dann weiter. Mein besonderes Interesse galt auch den Schmuckhändlern. Nicht etwa, weil ich dort etwas kaufen wollte. Vielmehr ließ ich mich durch ihre Ware für meine eigenen Stücke inspirieren. Außerdem konnte mein geschulter Blick sofort sehen, ob eine Arbeit gut oder nicht so gut ausgeführt war.
Ich hielt mich gerade am Stand eines Schmuckhändlers auf, der in der Tat einige hübsche Kleinodien in seiner Auslage hatte. Mit römischem Schmuck war ich mittlerweile schon recht vertraut. Doch einige Stücke von diesem Stand hier schienen aus einer fernen Provinz zu stammen. Teils waren sie mit bunten Edelsteinen besetzt, teils mit üppigen Ornamenten verziert. Während ich versuchte, mir die Machart eines der Schmuckstücke genauer einzuprägen, wurde ich kurz abgelenkt. Der Römer, der sich gerade am gleichen Stand aufhielt, unterhielt sich mit seinem halbwüchsigen Sohn über Hunde. Nein, eigentlich war es keine richtige Unterhaltung, mehr ein kurzer Wortwechsel. Ich sah auf und warf einen unauffälligen Blick auf Vater und Sohn. Beide waren sehr gut gekleidet, was darauf hindeutete, dass sie wahrscheinlich keine armen Schlucker waren. Ein wenig erinnerte mich der Kerl an den Furius. Aber nur ein wenig, denn ihm fehlte das Übermaß an Arroganz, das von ihm ausging. Seine Wortwahl war auch anders, vielleicht etwas bodenständiger. Natürlich konnte ich mich auch irren.
"Die besten Hunde hier in der Gegend gibt es in Cheddar!", hörte ich mich plötzlich sagen. Dabei lag es mir fern, mich in familiäre Dinge einzumischen oder gar ein Gespräch vom Zaun zu brechen. Also widmete ich mich sogleich wieder dem Schmuck.
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