RE: [Tablinum] Formvollendung
Es war Claudia Sabina, die mit ihrem Sklaven eintrat.
Sie war zwar Serenas Verwandte, doch sie war auch die Frau seines alten Rivalen Iulius Cato. Und seitdem sie sich beim Statthalter über die Grausamkeit der Circusspiele beschwert und dieser den Launen des verwöhnten Frauenzimmers nachgegeben hatte, war Saturninus nicht gut auf sie zu sprechen. Sabina war die typische Claudierin der nervigen Sorte, dachte er, ganz hübsch, hochgebildet und überzeugt davon, himmelhoch über anderen Menschen zu stehen. Sie wollte aber anscheinend wirklich zu ihm.
"Salve Sabina", benutzte auch Saturninus eine eher familiäre Anrede:
"Meine Frau und die Kinder erfreuen sich bester Gesundheit, den Göttern sei Dank. Aber mein Hausvberwalter in Rom hat mir geschrieben, dass es in der Campania einen Vulkanausbruch gegeben hat. Kein Mensch konnte ahnen, dass der Vesuvius in Wirklichkeit ein Vulkan ist wie der Ätna. Die Götter müssen uns wirklich zürnen. Vermutlich ist es so, dass wir die guten Sitten der Vorfahren nicht mehr genug beachten. - Ja, es hat mich gerade mitgenommen. Es gab sehr viele Tote. Wir haben Eigentum verloren. Ich hoffe sehr, dass sich die Verluste von euch Claudiern in Grenzen halten.
Aber was bewog dich, dein Heim zu verlassen?"
Er brauchte gar nicht fragen. Sabina fiel mit ihrem Anliegen mit der Tür ins Haus.
Ihre Ankündigung verblüffte Saturninus.
"Du wirst... was? Weiß dein Vormund davon?", fragte er stirnrunzelnd:
"Du weißt selbst, dass Iulius Cato und ich nicht immer die Liebe zueinander hegen, die Verwandte fühlen sollen. Aber du kannst ihm nicht einmal vorwerfen, seine ehelichen Pflichten nicht zu erfüllen"
Claudia Sabina verbarg nämlich unter ihrer Stola eine bereits sichtbare Schwangerschaft.
"Bist du sicher, dass du eine Scheidung willst?" Unwillkürlich fühlte sich Saturninus gedrängt, zu Gunsten der Ehe und Familie zu sprechen und so, als sei Sabina noch zu jung und zu dumm, um die Ernsthaftigkeit dieses Schrittes zu begreifen:
"Noch kannst du ja nach Hause! Nicht jeden Streit darfst du auf die Goldwaage legen. Cato hatte schon als Knabe ein übles Temperament. Aber er würde es nicht wagen, die Hand gegen ein Mündel des Konsulars Claudius Menecrates zu erheben"
Er wartete einen Moment:
"Soll ich Serena herrufen? Vielleicht möchtest du dich lieber einer pflichtbewussten Matrona anvertrauen?", sagte er schließlich. Ihm schien es eine gute Idee, dass Serena die Cousine zur Umkehr bewegte, und er selbst musste sich mit diesem Privatkram nicht herumschlagen.
Sein Blick streifte den jungen Hausverwalter Nefertem, der hinter Sabinas Sessel stand. Er war das Modell für Owens Musen, das wusste Saturninus. Er sah wirklich aus wie ein wundersames Mädchen oder ein mädchenhafter Jüngling, weich fielen ihm seine Locken um sein Kinn. Seine Haut glänzte wie Bronze. Seine Lippen hatten etwas Trotziges, sie wirkten sanft und verlockend wie Samt.
Saturninus erinnerte sich daran, dass Cato ganz verrückt nach diesem Jungen gewesen war. (Aber das war natürlich nicht der Grund für eine Scheidung). Dennoch fragte sich der Furius einen Moment lang, wie es wäre, einen leidenschaftlichen Kuss von diesen weichen Lippen zu bekommen, dann bemerkte er, dass er Nefertem lange gemustert hatte. Er wandte den Blick von ihm ab und der Besucherin zu. Mit den Sklaven anderer Domini hatte er nichts im Sinn, auch wenn Nefertem wirklich begehrenswert war.
"Ich unterschreibe dir den Scheidungsbrief, wenn du dir wirklich sicher bist, Sabina, natürlich", sprach er schließlich.
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