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Ich hatte am Abend noch gebadet, mir die verwischte Schminke abwischen und nun heute wieder auftragen lassen. Ich trug mein bestes Kleid aus safrangelber Seide und den prunkvollen, doch etwas düsteren Onyxschmuck, den ich schon bei der Consultation von Plautius Leander getragen hatte. Mit distanzierter Freundlichkeit begrüßte ich die sechs Bürger, die auf Nefertems Mühe hin, alle gekommen waren.
Ich empfing sie natürlich nicht in meinem Cubiculum, sondern im Tablinum. Offizieller ging es nimmer. Isis sei Dank waren die
Alae geschlossen, in denen die Wachsabbildungen der iulischen Ahnen aufbewahrt wurden. Ihre vorwurfsvollen Blicke hätte ich nicht ertragen, selbst wenn ich sie mir nur einbildete, Wachsaugen konnten schließlich nicht sehen. Es reichte schon, dass die Iuliersklaven so bedrückt umherschlichen, als sei einer gestorben.
"Salvete Bürger, ich danke euch dafür, dass ihr gekommen seid. Ich bitte euch darum, meinen Scheidungsbrief zu unterschreiben und so zu bezeugen, dass es mein Wille ist, nicht länger mit Marcus Iulius Cato eine Ehe zu führen. Zum Zeichen meiner ernsten Absichten werde ich dann dieses Haus für immer verlassen"
Ich würde heute in die Villa Claudia nur mitnehmen, was ich, Agamedes und Anaxarete auf einer einzigen Fahrt mitnehmen konnten. Den Rest konnte ich Morgen durch unsere eigenen Sklaven abholen lassen. Denn plötzlich hatte ich es eilig. Ich wollte diesen prächtigen Mauern entfliehen, die sich über mir aufzutürmen schienen und mir die Luft zum Atmen nahmen. Ich war hier am Anfang so glücklich und am Ende so unglücklich gewesen.
Die Zeugen traten an den Tisch, unterschrieben und wurden jeweils reich belohnt, und ihre Gesichter hellten sich auf, als sie in ihre Geldsäckchen blickten und dort Silber glitzern sahen und nicht nur Kupfer, außer die von Valentinus und Andrippus, die mir einen Freundschaftsdienst leisteten, sich aber dann doch freuten. Und dann siegelte ich noch unter meinem eigenen Namen.
Dies war der Scheidungsbrief:
An Marcus Iulius Cato, Gruß zuvor und Gesundheit.
Mein Ehemann!
Seit langem ist unsere Ehe eine Farce, und das ist nicht mein Fehler.
Ich für meinen Teil möchte nicht länger deine Ehefrau sein.
Daher spreche ich die Scheidungsformel:
tuas res tibi agito
Ich werde dein Haus verlassen und meine persönliches Habe mitnehmen. Meine Mitgift händige mir innerhalb der vorgeschriebenen drei Jahre aus.
Wie du weißt, trage ich dein Kind in mir. Das Gesetz erfordert, dass ich ihn dir direkt nach der Geburt übergebe.
Wenn du mich jemals auch nur ein wenig geliebt hast , Cato, so bitte ich dich, dass du ihn bei mir lässt. Zumindest eine Weile, bis er verständig ist. Ich will, dass er sich an mich erinnert. Ich habe nie etwas getan, was ihm oder dir Schaden zugefügt hätte.
Deine Claudia Sabina
Verfasst am a.d. IX Kal. Oct. in Iscalis, im zweiten Jahr der Statthalterschaft des edlen L. Petilius Rufus
Zeugen sind folgende römischen Bürger, alle wohnhaft in Iscalis:- xxx
- Aulus Menenius Falconius,
- Opiter Longinius Candidus
- Appius Statilius Burrus
- Sisenna Claudianus Laurentius
- Kaeso Quintianus Valentinus
- Tiberius Plancius Andrippus
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Das
"unglücklich" von
meinem Diktat hatte ich wieder ausgestrichen. Das klang nicht nach der Claudia, die ich sein wollte und die sich zu diesem Schritt aus freien Stücken entschieden hatte. Bei den Zeugen hatte ich Platz für Saturninus gelassen. So wie ich ihn kannte, wollte er an erster Stelle stehen.
Als die Zeugen fort waren, trugen Agamedes und Anaxarete zwischen sich meine Schmucktruheund die drei Kleidertruhen nach draußen und luden sie auf das Ochsenfuhrwerk, das einem gewissen
Alan gehörte. Als ich es sah, war ich froh, da nicht mitfahren zu müssen. Bestimmt gab das Spreißeln im Hintern. Die Büchertruhen waren leider zu schwer, sie mussten noch warten.
"Nefertem!", ich zögerte. Er hatte mir nicht mehr zu gehorchen, denn dieser Haushalt war nicht mehr der meine, und ich hatte den Iulkiersklaven streng genommen, keine Anweisungen zu erteilen. ich konnte ihn nur aus Freundschaft bitten. Er war immer für mich da gewesen, weit über seine Dienstpflicht hinaus. Doch ich hatte ihn nie wie einen Freund behandelt, und ihn niemals gebeten, sondern immer nur befohlen. Oh, Sabina, wie gedankenlos du oft warst.
Ich schluckte und sah in das liebe Gesicht des anmutigen, dunklen Jünglings:
"Nefertem. Ich möchte dich...bitten, dass du mich noch zu Furius Saturninus nach Hause begleitest. Seine Unterschrift fehlt noch. Es sind nur ein paar Schritte. Und danach bringe bitte diesen Brief in die Castra zu deinem Herren", sprach ich kleinlaut.