RE: Halle
"Nein, haben die Mädchen wirklich nicht gezeigt!", gab Eisu Ap Comux zu, als Louarn sagte, dass seine Dienerinnen kein Benehmen hatten. Sein heiterer Gesichtsausdruck machte einem bekümmerten Platz:
" Sonst sind sie aber nicht so. Sie zanken sich, nimm es mir nicht übel, als wären sie zwei Hündinnen und du ein Knochen. Ein Rätsel. Ich habe sie für weiser gehalten"
Nisca hielt immer noch den Weinkrug. Ein wenig duckte sie sich, denn sie war auch eine Dienerin, und schlechtes Betragen ihrer Kolleginnen kratzte auch an ihrer Ehre:
"Sie wollten Fuchsmann bleiben hier ", flüsterte sie Frowin in ihrem einfachen Latein ins Ohr: " Sie ... sehen viel. Ich aber will nur dich", und sie strahlte, als Frowin ihr sagte, dass keine der anderen ihr das Wasser reichen konnte. Louarn dagegen schaute sie nur an, wenn er zufällig nicht in ihre Richtung guckte.
"Wenn du Meowe und Nessi bestraft sehen möchtest, so lasse ich sie schlagen, oder ich stecke sie das nächste Mal in die Bratengrube", ergänzte Eisu Ap Comux.
Die Bratengrube kam zum Einsatz, wenn ein ganzes Schwein oder ein ganzer Ochse am Spieß gebraten wurden. Derjenige, der den Bratspieß drehen musste, stieg in die Grube hinein, die fast so tief war wie er selbst groß war und bekam stundenlang Hitze. Rauch und Gestank ab. Auch der Spieß, der auf zwei Gabeln lag, war schwer zu drehen. Es war eine sehr unangenehme Arbeit, und normalerweise wurden Frauen dazu nicht eingeteilt.
"Wenn es aber nach mir geht, so entscheide ich mich dazu, sie beide gleich von meinem Hof fortzuschicken. Sie sollen dir nie wieder unter die Augen treten, Louarn Wanderer. Caillean bringt Nessi und Meowe, sobald der Sturm abflaut, nach Norden, mögen sie zetern und spotten"
Eisu Ap Comux nickte Frowin zu:
"Schade, dass Louarn aus dem Norden doch kein Fili ist. Aber das macht nicht viel, denn wir haben heute Abend einen eigenen Sänger hier,
Cuno, Sohn des Cunomoltos, auch wenn er nicht die jahrelange Ausbildung eines Barden genossen hat"
Ein etwas älterer Mann mit einer Harfe erhob sich auf das Stichwort. Die Erleichterung, dass Louarn kein Fili war, war ihm anzusehen. Konkurrenz konnte er nicht brauchen und wollte er auch ungern. Er hatte eine gemütliche Stelle auf dem Comux Hof.
Er verbeugte sich leicht, und Eisu Ap Comux übersetzte seine Worte:
"Für unsere verehrten römischen Gäste werden wir es halten wie bei den Theaterstücken der Griechen, deren Handlung zuvor auch übersetzt wird, da nur wenige Zuschauer dieser Sprache mächtig sind"
Eisu Ap Comux widersprach dem nicht, obgleich er, da er eine römische Oberschichtserziehung genossen hatte, selbst gut Griechisch sprach, sondern übertrug Kunos Worte:
" Mein Lied stammt aus Hibernia, und es erzählt Folgendes: Cearbhaill, ein Barde, liebt Evlyn, die Tochter des Königs Kavanagh. Und sie liebt den jungen Mann auch. Doch ihr Vater will sie einem anderen König geben. Da flieht die Braut an ihrem Hochzeitstag mit dem Geliebten...", * Cuno zwinkerte und fügte hinzu:
"Die Römer wären schockiert, nicht wahr" Da lachten besonders die anwesenden Frauen.
Eisu Ap Comux verkniff es sich, den letzten Satz auch zu übersetzen. Kuno stimmte jetzt mit Stöhnen und so, dass ihm seine Mühe anzusehen war, seine Harfe. Die Anwesenden schauten andächtig zu. Und er begann. Seine Stimme war leidlich, sein Spiel war es weniger:
" Siubhalfinn fein- a g-comhnuidh leat...
Evlyn a run...."
Dahinziehen möchte ich,
nur mit dir zu wohnen,
Evlyn, du heimlich Geliebte,
hinab nach dem Land Avalun
Eine Kuh wollte ich mit dir treiben
als Brautgabe,
zwei Kühe wollte ich mit dir treiben,
ein langes Leben lang wollte ich mit
dir wandern,
das Eheband mit dem anderen zerreißen
und es dir selbst nie brechen.,
Evlin mein Lieb.
Kommst du nun oder bleibst du?
Kommst du nun oder bleibst du?"
(Nun antwortete die Braut dreimal)
"Ich komme und ich bleibe nicht und entfliehe mit meinem Schatz" **
Dann jubelten der Barde im Lied und Sänger Kuno gleichzeitig, und schließlich endete der Künstler und nahm einen großern Schluck Bier aus einem Becher, der ihm hingehalten wurde, während er den Applaus empfing.
Eisu Ap Comux lehnte sich zurück und schaute beide Gäste an:
"Hat der Vortrag euch gefallen? Ich für meinen Teil habe mich gar nicht mehr erinnert, wie schlecht Cuno spielt. Wenn ihr auch etwas zum Besten geben wolltet, scheut euch nicht. Das Publikum ist dankbar, wie ihr seht.
Er lachte über seinen Witz:
Freund Frowin hier hat ein eigenes Training entwickelt, um die Wagen noch besser durch die Verlagerung Gewicht zu lenken. Römische Rennwagen sind ja leichter und feiner als unsere Streitwagen, da sollte es auch in der Hauptsache nicht darum gehen, den Feind zu zermatschen - hoffe ich doch. Vielleicht kann Frowin etwas darüber erzählen. Technik ist heutzutage so wichtig wie die Pferde, obwohl die Intelligenz eines guten Leitgaules doch das Allerwichtigste bleibt. ",
sagte der Kelte:
"Wessen Pferde hast du denn auf deiner Reise aus dem Norden gesehen, Louarn?" Seine eigenen konnte er nicht meinen, das waren gute Arbeitstiere, doch keinesfalls von Geblüt. Und vielleicht konnte man so ein wenig herausbekommen, auf welchen Wegen dieser geheimnisvolle Louarn hergekommen war.
Auf dem Tisch standen nun außer den zuvor beschriebenen Speisen auch große dampfende Stücke von Fleisch:
Eisu Ap Comux zog sein eigenes Messer: " Hier die leckeren Schweinshaxen, darf ich euch jedem eine auflegen", sagte er und bohrte es in das rote Fleisch, dass der Saft nur so spritzte.
Sim off: * die eigentliche Geschichte spielt im 13. Jahrhundert **Eibhlin a Rún * S. 509, Übertragung aus: Erinn- Keltische Sagen aus Irland, Herausg. Martin Löpelmann, Düsseldorf 1977
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