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Hundert Jahre Einsamkeit: Am Rande des Brunnenfestes
09-12-2024, 06:20 PM,
Beitrag #7
RE: Hundert Jahre Einsamkeit: Am Rande des Brunnenfestes
“Expeditionen?“ wiederholte Leander zwischen Neugier und Verwirrung und setzte sich neben der jungen Dame und vor ihrem Sklaven mit dieser in Gang. Die genannte Straße kannte er, sie war nicht wirklich weit entfernt und er fragte sich, wie man sich auf diesem kurzen Stück verirren konnte, aber wahrscheinlich war sie wirklich noch neu in der Stadt und hatte das Haus bislang nicht verlassen.

Währenddessen erzählte sie weiter, und Leander fand die Erzählung ein wenig besorgniserregend. Die junge Frau erzählte so leicht davon, dass ihr Vater seit Wochen verschwunden war, dass er annehmen musste, dass dies häufiger geschah. “Also hat er dich hier bei seinen Verwandten gelassen, ehe er aufgebrochen ist?“ fragte Leander sicherheitshalber noch einmal nach. Denn welcher unverantwortliche Mensch ließ eine junge, unverheiratete Frau – Leander schloss aus ihrer Erzählung – wochenlang alleine? Nungut, dieser jemand hätte auch Plautius Seneca sein können, wenn sich ihm die Gelegenheit geboten hätte. Aber bei allem, was man seinem früheren Dominus auch vorwerfen mochte, er hatte immerhin erst dafür gesorgt, dass alle seine Töchter verheiratet waren, ehe er davongezogen war.
“Rechtsgelehrte pflegen eher selten, viel herumzureisen, werte Norbana Orestilla, und noch seltener, wenn es gefährlich und unbequem zu werden verspricht. Aber eine recht individuelle Art ist wohl allen Gelehrten zueigen.“ Natürlich würde Leander nie etwas schlechtes über Seneca sagen, erst recht nicht in der Öffentlichkeit und zweimal nicht gegenüber einer jungen Dame, die vielleicht doch die Thermen besuchte und auch da redselig sein könnte. Dennoch wählte er seine Worte freundlich, fast schon mit leicht schelmischem Unterton, wie er in langen Jahren als Sklave gelernt hatte, die eigene Meinung amüsant und vieldeutig anzubringen, ohne dass ihm daraus Ärger erwachsen würde.

“Und du hast seit Wochen nichts von ihm gehört?“ Wenn man mit Barbaren zu tun hatte und wochenlang keine Nachricht erhielt, ging das häufig eher schlecht aus.
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RE: Hundert Jahre Einsamkeit: Am Rande des Brunnenfestes - von Caius Plautius Leander - 09-12-2024, 06:20 PM

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