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[Italia|Misenum] Unheil am Horizont
08-29-2024, 02:05 PM,
Beitrag #1
[Italia|Misenum] Unheil am Horizont
Caius Plinius Caecilius Secundus, später besser bekannt als Plinius der Jüngere, um ihn von seinem Onkel Caius Plinius Secundus Maior zu unterscheiden, wusste mit seinen achtzehn Lebensjahren noch nicht so ganz, was er zum römischen Staat einmal beitragen wollte. Aber er hatte Gefallen an der Natur und sein Onkel war ein Mann mit einer gewissen Reputation in diesen Dingen und darüber hinaus auch Praefekt der Flotte in Misenum. Nach dem Tod seines Vaters waren er und seine Mutter zu ihm gezogen, und Plinius der Ältere, selbst unverheiratet und kinderlos, schätzte seinen Neffen sehr und hatte ihn sogar zum Erben im unwahrscheinlichen Fall seines Ablebens bestimmt. Immerhin war er auch erst 55 Jahre alt.


Und so war er auch an diesem Tag etwas lustlos. Es war kurz nach seinem Geburtstag, und der Vormittag war ohne besondere Vorkommnisse vergangen. Sein Onkel lag etwas gemütlich in der Sonne und genoss etwas die Wärme der Mittagsstunde, als Plinius Minors Mutter aufgeregt zu dem Onkel kam.
“Bruder! Bruder! Du musst dir etwas ansehen! Komm, steh auf!“ drängte sie ihn. Erst wollte er nicht und ließ sich noch ein paar Häppchen zum Mittag reichen.
“Was ist denn los?“ fragte er vom Sonnenbad etwas schläfrig. Wie unter Geschwistern üblich liebte er seine Schwester zwar, nahm aber nicht jeden ihrer hektischen Ausbrüche immer ernst.
“Im Osten ist eine ganz seltsame Wolke! Komm, du kennst dich mit so etwas aus! Lass dich nicht so lang bitten!“ setzte sie ihn ins Bild und war etwas ungehalten, dass er so lange brauchte, bis er sich seine Schuhe reichen ließ.


Schon um seine Schwester zu beruhigen stieg Plinius Maior auf eine Anhöhe in der Nähe seiner Villa, um einen Blick auf das werfen zu können, was seine Schwester so beunruhigte. Er musste nicht lange suchen, denn diese Wolke war wirklich kaum zu übersehen in ihrer Größe. Auf der anderen Seite des Golfes konnte man gerade noch so die vielen Städte an der Küste ausmachen: Herculaneum, Oplontis, Stabiae und etwas weiter landeinwärts Pompeii, und schließlich an der anderen Landzunge gegenüber von Misenum die Stadt Surrentum. Und irgendwo hinter Herculaneum stieg sie also auf, diese Wolke, aber es war nicht eindeutig, von welchem Berg aus sie ausging. Sie hatte in etwa die Form einer Pinie. Sie erhob sich wie von einem sehr hohen Stamm und teilte sich dann in mehrere Äste. Durch Aufkommen eines Windes emporgehoben, breitete sie sich durch Abflauen desgleichen durch ihr Gewicht wieder aus. Sie erschien weiß, zuweilen schmutzig und fleckig, je nachdem ob sie Erde oder Asche mit sich führte.


Plinius Maiors Interesse war geweckt, denn dies war in der Tat ungewöhnlich. Er ging zurück zu seiner Villa und ließ einen Boten zum Hafen laufen, man solle seine Quadrireme bereit zum Auslaufen machen. Er wollte sich dieses Phänomen von näherem ansehen. Er trat auf seinen Neffen zu.
“Komm doch mit! Diese Wolke ist wirklich ungewöhnlich, so ein Schauspiel wirst du nicht oft zu sehen bekommen. Vielleicht erleben wir etwas einmaliges“, forderte er den jüngeren auf.
Aber Plinius Minor hatte nicht wirklich Lust darauf, jetzt mehrere tage auf einem Schiff zuzubringen und eine Wolke zu jagen, die wahrscheinlich nur auf ihn regnen würde. Also suchte er schnell nach einer Ausrede: “Ich hab so viel zu tun! Du hast doch gesagt, ich solle mich im Schreiben noch üben, damit ich auch einmal selbst ein Buch verfassen kann. Du selbst hast mir doch noch die Aufgabe gegeben, über die Blumen im hinteren Garten etwas zu schreiben. Der Gärtner hat sich schon erboten, mir alles noch einmal zu erklären.“
Plinius der Ältere winkte ab und lachte leicht. “Na gut. Aber bei der nächsten Expedition kommst du mit, einverstanden?“ “Einverstanden."


Froh, der Expedition entgangen zu sein, widmete sich Plinius Minor wieder seinen Schriften und der Aussicht auf einen gemütlichen Nachmittag, während sein Onkel sich auf seine Abreise vorbereitete. Frisch eingekleidet trat Plinius Maior gerade aus dem Haus, als ein aufgeregter, abgewetzter Bote eintraf und ihm ein Schrieben überreichte.
“Was ist denn, Bruder?“ fragte seine Schwester ihn mit besorgtem Blick zu dem Schreiben.
“Rectina, die Frau von Cascus, bittet mich, sie und ihre Familie mit dem Schiff abzuholen und zu retten. Der Vesuv scheint gerade auszubrechen und sie kommen anders nicht hinweg.“
Plinius Minors Mutter wurde blass. “Und was machst du jetzt?“ fragte sie besorgt.
“Rectina retten, was denn sonst?“ antwortete Plinius Maior und ging los, um mit seiner Quadrireme den Golf von Neapel zu überqueren und zu sehen, wen er retten konnte.
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[Italia|Misenum] Unheil am Horizont - von Chronist - 08-29-2024, 02:05 PM

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