RE: Ein gemeinsamer Ausritt
Der Römer wusste gar nichts!
Zweifellos war Saturnus aufgefallen, dass etwas nicht so war, wie es sein sollte. Das hatte er in meinem Gesicht ablesen können. Denn trotz meinem Bemühen, mir nichts anmerken zu lassen, versagte ich hierbei auf ganzer Linie.
Saturnus scherzte auch noch und fand es lustig, als er mich fragte, ob ich gerade einen Geist gesehen habe.
"Das dort ist ein Platz der Götter," begann ich tonlos zu erklären und wies noch einmal auf die große Eiche. "Ein Platz, um zu opfern," fügte ich noch hinzu, was sich eigentlich recht unspektakulär anhörte. Doch ich sah noch immer den halbverwesten Kadaver vor mir, dessen Extremitäten auf so kunstvolle Weise mit den Ästen und Zweigen des Baumes verflochten war, als sei er kein Fremdkörper, sondern eine Frucht des Baumes selbst. Gewachsen aus ihm, um den Göttern zu munden.
In meinen Augen spiegelte sich Ehrfurcht. Ehrfurcht vor den Göttern, aber auch vor dem Geopferten, der sich mehr oder minder freiwillig den Göttern geschenkt hatte.
Saturnus aber begriff gar nichts. Er meinte, ich müsse mich in seiner und Frowins Gegenwart vor nichts fürchten. Auch gäbe es keine Wolfspuren. Dann sprach er von Wölfen auf zwei Beinen. Nun bemerkte ich auch bei ihm einen leichten, gut verborgenen Anflug von Furcht in seiner Stimme, was mich zu der Annahme brachte, dass er damit seine Begegnung mit den Räubern meinte, die er vor einigen Monaten hatte.
"Ich war mit dem Tribun hier…" flüsterte ich schließlich noch furchtsam, ohne dabei auf nähere Einzelheiten einzugehen. Saturnus wusste sicher, was ich damit meinte. Seine Erwähnung des Blumengartens auf seinem Landgut klang dagegen wie eine tröstliche und versöhnliche Einladung, um alles Geschehene wieder vergessen zu können. Bei diesem Gedanken verschwanden all die schlechten Gefühle so schnell, wie sie gekommen waren und ein mildes Lächeln begann sich auf meinen Lippen abzuzeichnen. "Ja, das wäre schön!" Da war er wieder, mein Retter, der mich schon einmal aus tiefster Not befreit hatte!
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