RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Oh ja, ich kannte die Zeichen, wenn ich sie hörte. Claudia Sabina stand ganz eindeutig auf den Statthalter. Die meisten jungen Mädchen standen ja eher auf die jungen Sportler oder die eher hübschen Gladiatoren wie Retiarier (nicht auf die fetten Brecher, die zogen eher reifere Damen an), aber sie stand auf den Legatus Augusti. Oder vielleicht auch auf seine Macht, so genau konnte ich das nicht trennen. Wenn es letzteres war, dann war sie cleverer als die meisten, denn ein hübsches Aussehen brachte am Ende des Tages nichts. Macht aber, damit konnte man wirklich etwas anfangen und ein sicheres und bequemes Leben führen. Zumindest, solange man die Spielregeln der Macht verstand und sie sich nicht von jemand anderem nehmen ließ.
Sie schwärmte durchaus aus tiefstem Herzen für ihn und seine Vorliebe für Theater – eine Information, die ich unter Umständen natürlich schamlos ausnutzen würde – und gab auch ihre Meinung zu Furius Saturninus unbedarft preis. Und ja, ich mochte ihn und als brave Ehefrau hätte ich ihn auch verteidigt. Aber ich war eine Hetäre, ich wollte das Wohlwollen der Claudia sichern und – um ganz ehrlich zu sein – Saturninus war etwas dröge. “Oh ja, ich war da mit dem Sohn von Duumvir Messius. Er hat mir die Gladiatoren unter der Arena gezeigt und später haben wir uns natürlich die Kämpfe angesehen. Auch wenn diese etwas… untypisch waren. Und der Statthalter gegen Ende der Spiele aussah, als hätte ihm jemand verdorbenen Fisch serviert.“ Das Missfallen des Statthalters war kein allzu großes Geheimnis, und Kiki wusste sogar, weshalb er so unzufrieden gewesen war: Die ausersehene Geliebte für ihn war mit der Rolle ganz und gar nicht zufrieden gewesen und vor ihm geflohen, anstatt ihn um die Finger zu wickeln.
Und irgendwie resignierte auch die Claudia und meinte, sie würde ihn nur zur Eröffnung des Theaters hier in Iscalis einladen und sonst nichts. Ich schätzte sie einen Moment lang ab und nutzte dann meine gesammelte Menschenkenntnis, um sie nicht in dieses Trübsal versinken zu lassen. Sonst würde sie sich am Ende noch ganz zurückziehen!
“Oh, nur das? Das könntest du ihm ja auch in einem Brief schreiben! Also wenn ich eine Audienz bei ihm hätte, ganz privat, in Londinium, ich würde versuchen, ihn um den Finger zu wickeln. Er sollte mich dann in jedes Theater in ganz Londinium ausführen. Stell dir das vor, der mächtigste Mann der Provinz, der sich einer jungen Frau unterwirft, um sie glücklich zu machen! Vielleicht dürfte er mich dann auch küssen, als Belohnung. Oder vielleicht mehr?“ Das letzte war neckisch gesprochen mit einem Augenzwinkern. “Ich hab gehört, seine Frau ist eine strenge, alte Matrona mit grauen Haaren und keinerlei Humor. Kein Wunder, dass er da gerne Komödien im Theater ansieht.“
|