RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Wir gingen schweigend zurück, und ich war froh, jetzt nicht reden zu müssen. Es war nicht so, dass ich generell wenig reden würde. Eigentlich quasselte ich sonst sehr viel, und ich mochte es, wenn sich die Menschen um mich herum besser fühlten. Aber heute war ich einfach nur müde. Die Reise war anstrengend und sie würde es noch ein Weile bleiben, und ich war durchgefroren und müde und zumindest ein kleiner Teil von mir beschwerte sich, warum ich denn auf Sex verzichtete, wo er doch so leicht zu haben gewesen wäre. Also ja, ich fand grade nicht unbedingt schlimm, nicht reden zu müssen, sondern ging nur wie ein stummer Beschützer neben Anwen zurück zur Herberge.
Aber sie sah irgendwas wohl anders und interpretierte mein schweigen wohl als Ärger, auch wenn ich keine Ahnung hatte, wieso das nun schon wieder. Vielleicht kam irgendwann ein kluger Mann dahinter, wie man Frauen verstand, aber eines war sicher: Der Mann war nicht ich.
“Ich bin nicht verärgert. Es ist schon in Ordnung. Ich weiß… ich versteh es. Wirklich“, meinte ich also nur ruhig. Denn ja, sie wollte einfach nur einmal wieder ein gutes Gefühl haben, sich lebendig und eine zeit lang nicht so einsam fühlen. Ich wusste das. Ich kannte das. War ja nicht so, als ob es mir nie so ging, und oft genug nutzte ich da die Gelegenheiten, die sich mir boten. Nur wollte ich diesen bedeutungslosen Zeitvertreib nicht mit ihr. Nicht, weil sie häßlich wäre oder so, sondern einfach, weil es die Dinge unnötig kompliziert machte. Und ich war gerade nicht im Reinen mit mir selbst in einem Maße, als dass ich etwas vollkommen bedeutungsloses gerade selbst ertragen könnte.
“Gute Nacht, Anwen“, sagte ich also einfach nur, als sie fluchtartig verschwand und blieb noch einen Moment einfach draußen in der Nacht stehen, ehe ich mich auch nach drinnen begab, in der Hoffnung, dem Muscheleintopf nun entgangen zu sein. Da es aber schon ruhig im Raum war, nahm ich das an.
Ich suchte mir ein unbesetztes Fleckchen, hängte mein Hemd zum Trocknen auf und deckte mich mit meinem Umhang zu, um wenigstens mal wieder eine Nacht im Trockenen und Warmen zu schlafen.
Falke
|