RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Da ich zumindest nicht bewusst versucht hatte, näher an Anwen zu kommen während der Reise, fragte ich mich ein wenig, was sie mit ihrem Verhalten meinte und dass sie mich abgewiesen hätte. Auf der anderen Seite war ich es aber auch gewohnt, dass Frauen meinten, ich würde mit ihnen flirten, wenn ich das eigentlich gar nicht tat und gar nichts wollte, sondern einfach nur nett war und in der Gegend herumstand. Also verbuchte ich diese Aussage auch unter diesem Phänomen und dachte nicht weiter zu angestrengt darüber nach.
Irgendwie wünschte ich mir, sie wär doch gegangen, anstatt dass sie jetzt Mitleid mit mir hatte für etwas, was ich so gar nicht gesagt oder gemeint hatte. Ich knetete die Wolle unter meinen Fingern etwas kräftiger, wodurch sich noch mehr alter Schweiß herausspülen ließ. “Oh, meine Brüder lieben mich. Naja, Alun und Calum zumindest“ und Dunduvan, glaube ich… auch wenn er es nie gesagt hat, fügte ich in Gedanken an. “Und ich liebe sie“ widersprach ich also ihrer Einschätzung, auch wenn ich wusste, wie sie es gemeint haben mochte. Aber über diese andere Art von Liebe wollte ich nicht nachdenken, da das zu den Dingen eben gehörte, über die nachzudenken absolut sinnlos war. Es war so, wie es war, und ich konnte mir überhaupt gar nicht leisten, jemanden zu haben, der mich wirklich liebte. Abgesehen davon, dass das sowieso noch nie vorgekommen war, selbst bei den Frauen nicht, die anderes behaupteten. Wieder musste ich an Niamh denken, die mir immer abwechselnd gesagt hatte, sie würde mich lieben, und dann wieder, sie wolle mich nie wieder sehen, nur um mir wieder zu sagen, sie würde mich lieben. Inzwischen glaubte ich, dass sie einfach nur ein Bild in ihrem Kopf gehabt hatte von einem Mann, wie sie ihn wollte, und DAS liebte, aber eben nicht mich. Ich war mir nicht einmal sicher, ob sie mich je auch nur einmal richtig gesehen hatte als das, wer und was ich war.
Wenn ich noch kräftiger schrubbte, rubbelte ich wahrscheinlich die Wolle durch. Ich ließ also das Wasser einfach eine Weile über den Stoff fließen und hoffte fast, dass Anwen wirklich gehen würde. Aber sie blieb und stand etwas unschlüssig in der Dunkelheit in der Nähe herum. Also wurde wohl auch nichts daraus, in etwas Privatsphäre mittels Handarbeit für etwas Druckabbau zu sorgen.
Ich sollte vielleicht böse sein, oder abweisend oder irgendwas. Aber ich war die Situation zu sehr gewohnt, um noch so zu fühlen. Also atmete ich nur noch einmal tief durch und stand dann mit dem nassen Hemd auf, wrang es einmal gründlich aus und warf es mir nass über eine Schulter. Das Ding war eisig kalt, aber ich war stolz auf mich, nicht zusammenzuzucken deshalb.
“Ich bring dich zur Herberge zurück“, sagte ich einfach nur ruhig, da ich vermutete, dass sie Angst hatte, im Dunkeln allein dahin zurück zu gehen. Da sie unter dem Umhang nackt war, konnte ich ihr das nicht einmal verdenken.
Falke
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