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Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
06-06-2024, 01:38 PM,
Beitrag #63
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
(06-03-2024, 03:29 PM)Louarn schrieb: Wurde Zeit, dass wir loskamen. Gegen Flusskrebse hatte ich nichts, aber für Muscheln musste ich schon sehr hungrig sein und wenig Alternativen haben. Zum Glück aber hatte ich Alternativen.

Anwen schloss sich auch gleich an und als sie Aufstand, erwischte ich einen Blick auf viel zu viel nacktes Bein, als das mein Blut schön da bleiben würde, wo es hingehörte, aber ich bemühte mich wirklich, nicht wie ein notgeiler Idiot zu starren oder zu grinsen oder sonst etwas zu tun. Stattdessen wendete ich mich schonmal ab und ging mit ihr hinaus und bekam so nichts mehr von Rhians Ideen mit, zu denen ich sonst sicher einige Takte zu sagen gehabt hätte.

Draußen war gerade diese Stunde zwischen Dunkelheit und Licht, in der alles noch hell genug war, um zu sehen, aber zu dunkel, um wirklich viel zu sehen. Hier und da hing auch schon der Geruch der römischen Öllampen in der Luft.
“Hier um die Ecke gibt es einen römischen Essensstand“ sagte ich, mich an meinen letzten Besuch erinnernd und in der Hoffnung, dass sie nicht die Stadt umgebaut hätten. Aber das Dorf war klein und der Stand vermutlich auch der einzige hier und wir wohl die einzigen, die keinen eigenen Topf dabei hatten, um das Essen nach Hause zu bringen. Die Römer hatten irgendein Problem damit, draußen zu essen und hielten es für unfein, warum auch immer.

“Zweimal im Brot“ gab ich also die Bestellung in der römischen Sprache auf. Für Auswahl war das Dorf hier zu klein. Es gab, was es gab, und alle waren froh darüber. So auch ich – und ich hoffte, es waren keine Muscheln.
Wir bekamen jeder einen halben Brotleib, dessen Innenleben mit grober Hand herausgepflückt und durch eine Mischung aus Fleisch und Gemüse und einer dunklen Weinsauce ersetzt worden war, garniert mit besagtem Innenleben. Ich gab der Händlerin dafür ein paar römische Münzen und ging mit Anwen weiter, damit andere noch ebenfalls zum Zug kamen, und suchte für uns ein ungestörtes Fleckchen zur Flussseite hin. Zur anderen Seite hatte das Dorf eine kleine Palisade, die wohl nur die weniger hungrigen Räuber wirklich abhielt, aber hier zum Fluss war das Dorf offen, beschützt von dem breiten Wasser.
Ich lehnte mich gegen die Häuserwand des äußersten Hauses und fing an, mit den Fingern zu essen, unsicher, wie ich jetzt weiter vorgehen sollte. Also, ein Teil von mir war sich ziemlich sicher, dass die beste Möglichkeit wäre, Anwen einfach hier und jetzt gegen besagte Wand zu drücken, ihr den Umhang beiseite zu schieben und dann die eine Sache zu tun, die ich noch besser konnte als kämpfen, bis wir beide nicht mehr stehen konnten. Aber der andere Teil von mir wusste, dass noch zwei Wochen Reise vor uns lagen ohne weitere Gelegenheiten und dass das hier wahrscheinlich eine saublöde Idee war.
Ich lehnte also einfach gegen die Wand und aß etwas mit den Fingern und überlegte, bis mein Magen schließlich nicht mehr gar so laut knurrte. “Ich werd aus dir nicht schlau, Anwen. Was willst du von mir?“ fragte ich sie also einmal etwas verwirrt, aber freundlich, da ich wirklich nicht sicher war, ob ich gerade nur verdammt schlecht darin geworden war, weibliche Signale zu deuten, oder ob ich schlicht doch untervögelt war und deshalb Dinge sah, die nicht da waren.

Louarn schien sich in diesem Dorf ein wenig auszukennen. Er wusste, dass es hier einen römischen Essensstand gab, zu dem er nun ging. Anwen folgte ihm, auch wenn sie eigentlich kein römisches Essen zu sich nehmen wollte. Doch der Hunger und der verführerische Duft waren stärker. Sie beobachtete ihn aufmerksam, während er die Bestellung aufgab. Ihre Skepsis gegenüber den Römern war tief verwurzelt, und sie konnte die leichte Anspannung in sich spüren, als die römische Händlerin ihnen die Brote reichte. Anwen hatte gelernt, dass es klug war, wachsam zu bleiben, besonders in Gegenwart von Römern. Sie vertraute ihren Methoden und ihren Sitten nicht, auch wenn sie manchmal deren Annehmlichkeiten nutzen musste.

Sie folgte ihm zum Fluss, wobei sie ihre Umgebung stets im Blick behielt. Das sanfte Plätschern des Wassers und die langsam hereinbrechende Dunkelheit sorgten für eine friedliche Atmosphäre, doch Anwen brauchte eine Weile, um sich vollständig entspannen zu können.
Während sie das Brot vorsichtig mit den Fingern aß, bemerkte sie seine Unsicherheit und das Zögern in seinen Bewegungen. Es war offensichtlich, dass er sich in ihrer Gegenwart unwohl fühlte. Anwen musste ein leichtes Schmunzeln unterdrücken. Es war irgendwie süß, wie er sich bemühte, korrekt zu sein, auch wenn seine Bemühungen manchmal unbeholfen wirkten.

"Was ich von dir will?" wiederholte sie langsam, als würde sie die Worte kosten. "Das ist eine gute Frage." Sie ließ ihren Blick über das ruhige Wasser gleiten. "Ich bin nicht hier, weil ich etwas von dir will. Ich bin hier, weil ich dir vertraue. Das ist alles." Sie lehnte sich ein wenig zurück, ihre Hand immer noch mit dem Brot beschäftigt. "Und was dich betrifft… nun, du hast ein gutes Wesen. Du bist vielleicht manchmal etwas ungeschickt in deiner Art, aber das macht dich nur umso menschlicher. Ich mag das."

Sie lächelte, und ihr Blick ruhte einen Moment auf ihm. "Und was willst du von mir?" fragte sie dann mit einem schelmischen Lächeln. Es bedurfte keiner großen Menschenkenntnis, um zu ahnen, was das war. Dafür hatte sie ihn zu genau beobachtet und seine Blicke gedeutet.
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RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg - von Anwen - 06-06-2024, 01:38 PM

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