RE: Ein Schlüssel ist keine Magie
Inzwischen war die selbsternannte Teti mit ihrem Fußbad so weit und kniete sich zu Sabinas Füßen, um eben jene in duftenden Ölen einzuweichen, ehe sie Hornhaut und Nägeln mit Feilen zu Leibe rücken wollte. Da die Füße der Claudia noch einweichen mussten, kümmerte sie sich also erst einmal um meine restlichen Zehen mit geschickten Fingern und geübtem Schwung der feinen, kleinen Feile.
“Warum sollte es mir etwas ausmachen, infam zu sein?“ antwortete ich also fröhlich und nicht im mindesten beleidigt auf ihre Frage. “Ich habe ja schon gesagt, dass ich nicht verheiratet bin und es auch nicht vorhabe. Kinder habe ich auch keine, und im Theater sitze ich so oder so neben meinem Mäzen oder hinten bei allen anderen Damen, fein oder nicht, je nachdem. Da ich keinen ehrbaren Nachwuchs mit Karriereabsichten hervorbringen muss, hat es für mich keinerlei Nachteile, infam zu sein. Höchstens, dass diese spießbürgerliche Stadt mich deshalb nicht als Bürgerin in die Liste nimmt. Aber davon abgesehen?“ Ich zuckte mit den Schultern. Für mich war das tatsächlich absolut unerheblich, ob ich infam war oder nicht. Es änderte sich dadurch exakt nichts. Ich hatte nicht solche Ambitionen, wie Aglaia sie gehegt hatte. Mir war es egal, keine römische Bürgerin zu sein, denn mal ehrlich, wenn ich irgendjemandem genug missfiel, war ich eher tot in der Gosse als vor Gericht. Und mir reichte es vollkommen, meine Männer zu lenken. Ich musste nicht selbst irgendwo in Erscheinung treten.
Wahrscheinlich hörte sich das für die Claudia gerade alles sehr neu an, denn ganz sicher war ihr stets eingebläut worden, nur ja sittsam genug zu sein und nur schön artig Kinder zu bekommen. Tja, und was war jetzt? Ich schätzte, sie war ein oder zwei Jahre jünger als ich, schwanger von einem Ehemann, der lieber seine Geliebte vögelte als sie, und während ich meine Geschenke zählte, weinte sie beinahe vor geschlossener Thermentür. Nein, ich beneidete sie da ehrlich nicht.
Und wie ein braver Fisch biss sie auch an und schluckte meinen Köder. Ich kannte das Spiel zu gut und zu lange, als dass ich mir meinen Triumph ansehen lassen würde, stattdessen setzte ich die Maske der unschuldigen, fröhlichen Sorglosigkeit auf und lächelte sie an.
“Oh, es würde mich freuen, mein Glück mit einer Freundin teilen zu können! Wenn es dir nichts ausmacht, dass wir dann nur unter uns und ein paar Sklaven sind. Wenn du einen Haarausreißer brauchst, müsste ich das auch vorher wissen, damit einer da ist. Aber ansonsten wären es nur wir zwei Hübschen und nicht die… nun… gesitteten, älteren Matronen, wenn du verstehst.“
Ich zwinkerte ihr leicht zu und war gespannt auf ihre Reaktion zu den gesitteten Matronen gespannt, damit ich wusste, ob eher die ganz freche oder nur die naive Kiki ihr Wohlwollen erhalten würde. Ich wollte sie ja für mich gewinnen und nicht erschrecken.
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