RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Ich fühlte, wie Fintans Körper gegen meinen bebte, und ein Stich des Schmerzes durchzuckte sein Herz. Auch ich hatte Dunduvan verloren. Wir alle hatten es. Jeder von uns ging mit diesem Verlust auf seine eigene Art um. Besonders hart getroffen hatte es Louarn, der fast in Selbstvorwürfen ertrank – und Fintan!
"Ich vermisse ihn auch sehr!" gestand ich schluchzend und wusste nicht, wie ich Fintan in diesem Moment trösten konnte. Denn alles, was ich sagen konnte, würde nichts daran ändern, dass er jetzt fort war. Aber dafür konnte ich jetzt für ihn da sein. "Eines Tages werden wir ihn wiedersehen, Fin. Dann werden wir alle wieder zusammen sein. Wir und unsere Mütter," sagte ich und strich ihm über den Rücken, ein Versuch, seinen Schmerz zu lindern, der uns beide umklammerte. Wir waren alle dazu bestimmt, den gleichen Weg zu gehen, wie Dunduvan. Er war der Erste, er war vorausgegangen und wir würden ihm nach und nach alle folgen. So wie unsere Mütter damals…
In diesem Moment musste ich wieder daran denken, wie ich dem Dreckskerl, der mein Erzeuger war, in der Taberna gegenübergesessen hatte und er damit prahlte, was er meiner Mutter angetan hatte. Ich war nur noch auf Rache aus gewesen. Getrieben von der Hoffnung, dass sich etwas ändern könnte und mir im besten Falle meine Mutter wieder zurückbringen würde, hatte ich ihn in dieser dunklen dreckigen Gasse überwältigt und ihm den Grund dafür ins Gesicht geschleudert, weshalb er gleich sterben würde. Dieser Moment der Macht über ihn und die Genugtuung, als ich jeden einzelnen Buchstaben in seine Brust geritzt hatte, fühlten sich so gut an. Doch dieses Hochgefühl verschwand ganz schnell wieder, als das letzte Stückchen Leben aus dem Körper meines Vaters gewichen war. Was mir dann noch blieb war nur die Gewissheit, dass sich rein gar nichts geändert hatte. Für uns gab es keine Erlösung, außer den Tod. Das hatte ich an jenem Abend gelernt.
"Du und ich und wir alle können nur das tun, was auch Dundis Wunsch gewesen wäre. Denn wäre er heute hier, würde er uns dazu anspornen, dass unsere Mission gelingt und dass wir dabei zusammenstehen. Dass wir eins sind," fügte ich mit fester Stimme hinzu, während ich einfach nur da saß, Fintan in meinen Armen haltend, überzeugt davon, dass dies Dunduvans Wunsch gewesen wäre – dass er uns vorangetrieben hätte, genau wie Louarn es jetzt tat.
Als "Lucius Tarutius Corvus"
Falke
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