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Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
05-25-2024, 05:27 PM,
Beitrag #37
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Es platzte aus Fintan heraus noch ehe er Zeit gefunden hatte, sich etwas einfallen zu lassen.

"Ich verstelle mich nicht!", rief er und in seiner Stimme fand sich so wenig Witz wie auf der öden Oberfläche eines lange toten Schlachtfelds. "Ich BIN so! Ich MUSS so sein! Verstehst du? Ich MUSS!"

~~~

Fintans Füße berührten kaum den Boden. Wie ein Schatten, so lautlos war er. Er war es schon immer gewesen. Konnte Dinge verschwinden lassen wie ein Zauberer. Sogar sich selbst. Vielleicht wollte ihn der Katt-Bart deshalb unterrichten?
Die Stimmen aus dem Wohnraum waren kaum zu überhören. Seine Mama war sonst nie so laut. Also schlich er um die Hütte herum, die nicht groß war, und lauschte. Es war bereits dunkel, was nicht ungewöhnlich war. Er blieb häufig bis nach Sonnenuntergang draußen, auch wenn seine Mama das nicht gut fand.
"... eiß nicht, was du dir einbildest, Doireann! Wenn sie dich nur hören könnten!"
"Es reicht. Du kommst nicht in mein Haus und machst mir Vorschriften zu meinem Kind!"
"DEIN Haus? DEIN Kind? Es gab eine Zeit, da war dein Haus auch unser Haus, erinnerst du dich? Und DEIN Kind hättest du nicht, wäre nicht dieser Köter gewesen!"
"Wie könnte ich das vergessen? Du erinnerst mich ja ständig daran. Und daran, dass ich meinen Sohn ebenso hassen sollte, wie du den deinen.
"
"Er ist nicht dein Sohn, Doireann! Er ist ein Römer! Römische Brut. Und sein Sinn und Zweck ist einzig und allein, die Sünde seiner Geburt wiedergutzumachen. Ich sorge dafür, dass Odhran das weiß. Ich bringe ihm bei, was sein Sinn ist. Kannst du dasselbe von dir behaupten?"
"Sie zu erziehen und sie zu verachten, sind zwei verschiedene Dinge, Orla!"
Götter, die Mama war aber wütend! "Sie haben nicht darum gebeten, geboren zu werden! Ebensowenig wie du oder ich! Ich werde meinen Sohn niemals so hassen wie du den deinen! Denkst du, er spürt es nicht? Was bringst du ihm damit über das Leben bei?"
"Eben das. Dass es hart ist. Dass es unfair ist. Dass er gehasst wird, und das zurecht. Und du tätest besser daran, dem deinen keine Hoffnungen zu machen. Handle nicht entgegen Cathbads Anweisungen! Ich bitte dich. Ich tue das nur für dich!
"
"Für mich? Hah! Wir stehen kurz vor dem Ende! Habe ich dich sagen hören '
Schwester, bitte tu es nicht, lebe weiter!'? Das muss ich verpasst haben."
"Du weißt, es ist zum Wohle..."

"Schwester... Wann hast du begonnen, die Römer mehr zu hassen als du uns liebst?"

Als die Tür zuschlug, hielt Fintan noch einige Augenblicke inne. Odhrans Mama war ziemlich gemein. Sie war nie freundlich gewesen, aber das? Vielleicht weinte Odhran deshalb immer so viel?
Als er in die Hütte einkehrte, ließ er sich nichts anmerken.
"Bin wieder da!"
"Und schon wieder zu spät!"
, tadelte ihn die Mama resigniert. "Setz dich. Essen ist fertig."
"Urgh, schon wieder Eintopf?"
"Mit Gemüse. Sei dankbar und iss auf. Wenn der Winter kommt, gibt es nur noch Getrocknetes."

"Ich mag Trockenfleisch...", murmelte Fin, der lieber Fleisch hatte als Grünzeug, egal wie lang es getrocknet war. Er setzte sich an den Tisch, ehe sich auch seine Mutter neben ihn setzte. Während er sich auftat, bemerkte er ihren scheelen Blick von der Seite.
[i]"Fintan, hör mir zu."
[/i]
"Was ist denn?", rief er wie ertappt und ließ sich nicht anmerken, was er soeben gehört hatte, "Ich hab's nicht kaputt gemacht!"
"Darum geht es nicht. Ich muss dir etwas sagen. Es... dauert jetzt nicht mehr lange."
"Was passiert denn?"
"Nichts. Nichts wird passieren, aber es... es kann sein, dass ich eine Weile weg muss. Wenn das passiert, dann möchte ich, dass ihr alle sehr aufeinander aufpasst, ja? Manche werden traurig sein oder Angst haben. Ihr werdet einander beschützen, aber jemand muss auch auf eure Seelen achten. Auf euren Geist, verstehst du?"
"Aber wieso denn? Ihr kommt doch wieder", sagte er wider besseres Wissen. Schon lange ahnte er, dass dieser Abschied nicht nur kurz dauern würde. Eine Unruhe hatte alle erfasst. Er bemerkte es, immer. Die Erwachsenen ahnten es nicht, doch er durchschaute sie. "Sind die doof."
"Tja, du bist eben schon groß. Du weißt es besser."
[i]"Keine Sorge! Ich heiter die schon auf!", sagte er pompös und bemerkte, wie das Lächeln seiner Mama zuckte. Sie sah traurig aus.
"Magst du einen Witz hören?"
Mutter schwieg für wenige Sekunden, in denen sie ihn verträumt beobachtete, als sehe sie etwas, das er nicht sehen konnte.
"Gerne, Fin. Erzähl mir einen Witz."
"Auf welcher Seite hat der Rabe die meisten Federn?"
"Ich weiß nicht. Auf welcher Seite?"


"Hi, Calum!"
Odhran hob den Blick. Er hatte traurig in der Ecke gesessen. Fintan bemerkte die rote Stelle an seinem Arm, wo seine Mutter ihn sicher wieder grob angefasst hatte.
"Fin", stellte er fest, woraufhin sich dieser neben ihn setzte und das Brot für sie teilte, das er mitgebracht hatte. "Oh... danke."
"Hab ich, äh... geborgt. Habs geborgt. Bei uns gab's gestern nur schalen Eintopft, glaubst du das?" Den neidischen Blicken Odhrans oder dessen Magenknurren nach zu urteilen, hatte der vermutlich gar nichts bekommen, dachte Fintan. "Iss!"
Zufrieden sah er zu, wie Calum dankbar einige Bissen zu sich nahm.
"He, Cal? Auf welcher Seite hat der Rabe die meisten Federn?"
"Huh? Uhm. Weiß... Weiß ich nicht. Wieso fragst du?"
"Na, auf der Außenseite!"

Odhran starrte ihn einige Augenblicke verdutzt an. Dann prustete er los. Und Fintan, er prustete mit. Kinderlachen erfüllte den Raum für einen ach so kurzen Moment, in dem alles in Ordnung war.
[/i]
~~~

"Ich muss... Denn wenn ich's nicht bin... I-Ich habs versprochen...", murmelte Fintan, der spürte wie sein Gesicht brannte. Das kannte er kaum. Nur von ganz früher. Scham hatte er lange abgelegt. Seufzend ließ er den Kopf hängen. "Weißt du noch früher, Alun? Da haben wir gelacht... Wenn... Wenn es wieder schwer war, hab ich irgendwelche Witze gemacht. Oder Dunduvan Streiche gespielt. Aber... Aber irgendwann war das nicht mehr genug. Wir sind älter geworden. Und... Und alles wurde so schwierig... Ich habe euch kaum noch gesehen. Alle waren fremd und ich war immer dieses 'komische Kind'... Und wenn wir uns dann gesehen haben, da... da hab ich versucht... a-aber es klappte einfach nicht."
Fintan holte Luft, als eine einzige Träne von seiner Nasenspitze tropfte.
"Wenn... Wenn ihr wütend werdet, das... das ist schon in Ordnung...", schluchzte er und dachte an Lou. "Wenn... Wenn er mich hasst... dann hasst er sich selbst vielleicht etwas weniger? G-Glaubst du?"
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg - von Fintan - 05-25-2024, 05:27 PM

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