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Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
05-24-2024, 02:21 PM,
Beitrag #30
RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg
Die Reise war anstrengend gewesen. Kalt, klamm, nass. Fintan hatte gelächelt. Der Brunnen an Unsinn, aus dem er schöpfte, schien wahrlich unerschöpflich zu sein, denn seine Geschichten hatten anderthalb Wochen kein Ende gefunden. Sowohl Lou als auch Alun schienen jeweils ihren eigenen Gedanken nachzuhängen. Was für ein Bruder wäre er gewesen, wenn er es dabei belassen hätte? Natürlich hatte er sie ordentlich nerven müssen!
So oder so hatte er von der Keltenprinzessin die Finger gelassen, denn er traute es Lou durchaus zu, seine Drohungen bezüglich Aussetzung und Kastration wahrzumachen. Er wirkte ja doch etwas angespannt. Woran das wohl liegen mochte...?
Fintan beschwerte sich nicht, dass Alun auserkohren wurde, sich um den Handel zu kümmern, obwohl er doch genauso römisch aussah (und sicher mehr rausgeholt hätte als ein bisschen was Stroh). Immerhin hatte er sich jetzt etwas Erholung verdient nach allem, was er geleistet hatte.
"Ich weiß nicht, wie es euch geht, aber ich hab zwei Wochen Enthaltsamkeit nachzuholen", verkündete er daher gut gelaunt, nachdem die Pferde untergebracht und der Gastraum bezogen war. "Entschuldigt mich also, ich muss irgendeine Ehe ruinieren - oder enger zusammenschweißen, je nachdem. Man sieht sich!"
Mit einem fröhlichen Pfeifen, von dem er vermutete, dass es alle anderen tierisch ärgerte, verließ Fintan die Herberge. Denn er hatte tatsächlich nicht vor, heute Nacht hier zu schlafen.

Er zog ein paar Blicke auf sich, als er sich von gestohlenem Geld etwas Brot kaufte, immerhin war er neu in der Stadt und zudem mit einigen Kelten hier angekommen. Das musste ja Blicke auf sich ziehen. Doch er zerstreute etwaige Zweifel recht schnell, denn was konnte er, wenn nicht reden?
Einige Zeit schlenderte er durch den Ort, gegen den Iscalis eine Großstadt gewesen wäre, bevor er beschloss, dass es Zeit wurde. Seine Schritte führten zu dem Stall, wo sie ihre Pferde untergebracht hatten. Keine Sekunde zu früh, denn jetzt regnete es auch noch. Diese Reise stand wirklich unter keinem guten Stern.
Fintan setzte sich in eine leere Ecke hinter dem Heu, holte tief Luft und zwang sich, zu entspannen. Die Augen geschlossen, schmolz sein Grinsen und Erleichterung machte sich breit.
Wie nur war es möglich, dass man sich allein weniger einsam fühlte, als in der Gruppe mit seinen Brüdern?

"Na guck Mama, ob's noch da ist!"
"Huch! Nein, es ist tatsächlich weg! Aber wo mag es nur..."
"Hihi! Da, hinter deinem Ohr!"
"Fintan! Du bist ja ein richtiger Zauberer!"

"Magst du einen Witz hören?"
"Wenn es denn ein guter ist?"
"Na klar! Ähm... wie ging er denn noch gleich?"
"Haha... Ach, Fin."

"Aber vor dem Katt-Bart gruselts mich..."
"Du... wirst ihn schon schätzen lernen. Du magst doch die anderen Jungs, oder?"
"Oh ja! Die sind ganz toll!"
"Hier. Trägst du das Essen auf?"
"Mhm! Eins für Mama, eins für mich, eins für Mama, eins für mich..."

"Mama! Ich hab nen neuen Witz! Willst du ihn hören?"
"Ach je, du findest wirklich immer neue, wie?"
"Willst du??"
"Du weißt, nichts macht mich glücklicher."

"Fintan, hör mir zu."
"Was ist denn? Ich hab's nicht kaputt gemacht!"
"Darum geht es nicht. Ich muss dir etwas sagen. Es... dauert jetzt nicht mehr lange."
"Was passiert denn?"
"Nichts. Nichts wird passieren, aber es... es kann sein, dass ich eine Weile weg muss. Wenn das passiert, dann möchte ich, dass ihr alle sehr aufeinander aufpasst, ja? Manche werden traurig sein oder Angst haben. Ihr werdet einander beschützen, aber jemand muss auch auf eure Seelen achten. Auf euren Geist, verstehst du?"
"Aber wieso denn? Ihr kommt doch wieder. Sind die doof."
"Tja, du bist eben schon groß. Du weißt es besser."
"Keine Sorge! Ich heiter die schon auf!"

Fintan öffnete die Augen. Draußen schüttete es jetzt und es war kalt hier drin. Er zog die Kleidung etwas enger und klammerte sich an das Brot, das er in einer Hand hielt. Sie zitterte leicht. Düstere Gedanken wogten in seinem Kopf wie ein unruhiges Meer unter grauem Himmel. Grüblerisch starrte er zu Boden, zählte die Strohhalme, die dort verstreut lagen, schlang die Arme um seine Beine und schwieg.

"Halt die Klappe, Fintan!"
"Eins für Dunduvan,..."

"Geh einfach sterben."
"... eins für Alun,..."

"... schon gehört? Dieses Gör hat seine Mutter sterben sehen und angeblich die ganze Zeit gegrinst wie so ein Verrückter. Krank ist der!"
"... und je
eines für Cin und Cir..."
„Es ist erstaunlich, wie viel Freude du in einen Raum bringen kannst, indem du ihn einfach verlässt.“
"... eines für Lou..."

"Wir machen, wofür der Alte bezahlt hat: Wir machen den Kleinen zu nem ansehnlichen Taschendieb
und dann landet er wieder auf der Straße, wo er hinge- Verdammt, wo ist mein Geld!?"
"... und für Calum..."

"Widerliches Halbblut!"

"... und für mich."


Im dunkler werdenden Stall unterbrach ein leises Schluchzen die Stille.
[Bild: 1_22_10_22_8_56_52.png]
Falke
[Bild: 3_15_08_22_9_38_19.png]
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RE: Reise nach Norden - Eine Braut auf dem Weg - von Fintan - 05-24-2024, 02:21 PM

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