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[Accia Prisca]

Miriam war ganz aufgeregt in Priscas Zimmer gekommen und hatte verkündet, dass der Bruder ihres Gemahls endlich eingetroffen sei. Natürlich hatten sie alle schon längst damit gerechnet, dennoch war sein Besuch für diese Woche nicht noch einmal angekündigt worden und war daher ein klein wenig überraschend trotz allem.
Prisca machte sich also schnell fertig, um einen möglichst guten Eindruck zu hinterlassen. Sie wusste, dass Merula nervös war wegen seines Halbbruders und dass er nicht unbedingt freudig auf dieses Ereignis blickte. Also war sie sich nicht ganz sicher, wie sie reagieren sollte auf diesen Neuankömmling. Am besten etwas zurückhaltend, bis sie Gelegenheit hatte, herauszufinden, was Merula so plante. Als Ehefrau galt ihre Unterstützung natürlich ihrem Mann. Insbesondere, seit am letzten Tag ein Brief für Prisca abgegeben worden war. Zum Glück hatte ihn niemand außer ihr zu Gesicht bekommen und Prisca hatte ihn sicherheitshalber nach dem Lesen auch gleich verbrannt, aber dennoch waren die Worte zwar erwartbar, aber dennoch hart gewesen. Zugegebenermaßen hatte Prisca danach auch ziemlich geweint, was aber nichts ausmachte, da alle dachten, es wäre die Trauer um ihren Bruder. Außer Miriam, die dachte, es wäre aus Gründen der Schwangerschaft.

So oder so hatte Prisca aber eine Ausrede für gefühlsbetontes Verhalten gehabt und war sich jetzt sicherer denn je, dass sie mit ihrem Mann eine glückliche Ehe führen wollte. Ihr blieb auch gar nichts anderes übrig, also wollte sie sich bemühen, die beste Ehefrau zu sein, die sie sein konnte. Kein Hinterherschmachten anderen Männern gegenüber mehr, keine Tagträume von gutaussehenden Jünglingen, keine weiteren Ausflüchte. Nein, dies war ihr Platz, also war sie jetzt bestrebt, diesen Platz auszufüllen.

Sie ließ sich also von Miriam die Haare hochstecken und strich sich noch einmal über das Kleid. So langsam konnte sie die Wölbung ihres Bauches nicht mehr verbergen und sie war sich eigentlich sicher, dass sie Merula aufgefallen sein musste. Aber wirklich gesprochen hatte sie mit ihm noch nicht. Sie traute sich einfach nicht. Und jetzt wäre auch kein guter Zeitpunkt. Irgendwie hoffte sie einfach, dass Merula von allein darauf kommen würde und seine Schlüsse ziehen würde und sie gar nicht in die Verlegenheit kam, ihn womöglich anlügen zu müssen.

Schließlich frisiert und vorzeigbar ging sie dann auch in Richtung des Tablinums. Dieser Raum war eigentlich nicht wirklich vom Atrium getrennt und jetzt im beginnenden Sommer waren immer häufiger auch die Türen zum Garten hin geöffnet. Prisca bekam also durchaus einige Gesprächsfetzen mit, während sie dorthin schritt und war etwas verwundert über den begeisterten Tonfall in der Stimme ihres Mannes. Sie hatte gedacht, er wäre sehr viel reservierter seinem Bruder gegenüber.
Sie räusperte sich also einmal auffällig unauffällig, ehe sie ins Blickfeld der beiden Männer trat. “Guten Morgen“, sagte sie etwas unsicherer, als sie eigentlich wollte und hoffte, dass ihr Mann ihr einen Hinweis geben würde, ob sie besser weiterschlendern oder hierbleiben sollte.