Pytheas umarmte Calum. Er wusste, dass es nicht Schwarz oder Weiß gab - oder nur höchst selten, sondern nur viele Grautöne. Die Gerechtigkeit Roms war grausam - doch manchmal war sie auch genau das, was sie zu sein vorgab, Gerechtigkeit:
"Ich bin so froh, dass du heil und gesund wieder hier bist", sagte er:
"Und dass du diesen schlechten Männern entkommen konntest. Es wird dich beruhigen, zu hören, dass die meisten von ihnen sind auch schon ...bestraft worden sind"
Er sagte nicht dazu, dass ihre zerfetzten
Leibern an Kreuzen zwischen Iscalis und Lindinis hingen. Ein furchtbarer Tod (aus medizinischer Sicht). Doch eine Warnung an alle, die versuchten, die Straßen der Römer unsicher zu machen:
"Der Führer deiner Bande war nicht etwa ein gewisser Madoc?Du könntest dir hundert Sesterze verdienen, wenn du den Behörden einen nützlichen Hinweis gibst. Der Princeps Officii hat eine Belohnung auf dessen Kopf gesetzt, ich habe es in der Zeitung gelesen", sagte er stattdessen.
Immer noch nicht erwähnte Calum
den Brief. Es war nichts von Bedeutung, hoffentlich, dachte Pytheas. Er begann, Calums Schultern zu streicheln und zu küssen, und sein Körper reagierte auf ihn. Nicht nur seine Seele, auch sein Körper war ausgehungert nach Liebe und Zärtlichkeit. Seine feinfühligen schmalen Finger glitten über Calums weiche Haut, und darin lag die Frage, ob sein Freund mit ihm schlafen würde. Da war Pytheas fast scheu, denn er wusste zu gut, wie es war, wenn man nicht ablehnen durfte. Jedes Zögern des anderen hätte ihn sich sofort zurückziehen lassen. Er hätte sich entschuldigt. Das war das zweite, das ihn von fast allen Männern, die er kannte, unterschied. Hätte man es gewusst, hätte man ihn wohl verspottet. Das erste aber war seine Gleichgültigkeit allem Übernatürlichem gegenüber.
"Wirst du hier bleiben, bei mir, Atreus?", fragte Pytheas atemlos. Er meinte nicht diese Stunde, auch nicht diese Nacht, diesmal meinte er tatsächlich den Rest seines Lebens.